Seit Wochen finden in Budapest unter dem Motto "Akademische Freiheit" Demonstrationen für den Verbleib der Central European University statt. Nun jedoch steht fest: Die CEU zieht aus Ungarn ab.

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Unter dem juristischen und politischen Druck der nationalkonservativen ungarischen Regierung hat die amerikanische Central European University (CEU) ihren Abzug aus Budapest bekanntgegeben. "Die CEU ist rausgezwungen worden", erklärte Rektor Michael Ignatieff am Montag auf einer Pressekonferenz im schicken neuen Gebäude der Universität in der Pester Innenstadt. "Wir wurden rausgezwungen aus einem Land, das ein Verbündeter der USA ist. Das ist präzedenzlos."

Die CEU verlagert den Lehrbetrieb nun schrittweise nach Wien, wo sie eine neue Heimstätte finden wird. Ein auf die CEU zugeschnittenes neues Hochschulgesetz macht es für die seit 27 Jahren in Ungarn tätige Postgraduate-Einrichtung unmöglich, ab 2019 neue Studenten aufzunehmen. "Wir konnten nicht mehr länger warten", so Ignatieff. Laufende Studienprogramme, darunter die im Studienjahr 2018/19 begonnenen, werden noch in Budapest zu Ende geführt. "In Wien sind wir willkommen", sagte Vizerektor Liviu Matei: "Uns hat der Bürgermeister (Michael Ludwig), ein Sozialdemokrat, und uns hat der Bundeskanzler (Sebastian Kurz) willkommen geheißen."

Die CEU ist eine Gründung des US-Milliardärs George Soros, der auch ihrem Stiftungsrat vorsitzt. Der ungarischstämmige Holocaust-Überlebende und Verfechter einer offenen Gesellschaft ist von Ungarns mächtigem Regierungschef Viktor Orbán in mehreren antisemitisch codierten Kampagnen zum Staatsfeind Nr. 1 aufgebaut worden. Der ehemalige Soros-Stipendiat Orbán empfindet die Uni mit ihrer weltoffenen, zu kritischen Debatten anregenden Ausrichtung als Störfaktor.

Aus für US-Diplome

Zuletzt hatten ungarische Regierungsvertreter die CEU wegen des angekündigten Abzugs geradezu verhöhnt. "Das ist ein für Soros typischer politischer Bluff", tönte Außenminister Péter Szijjártó. Die CEU bleibe in Budapest, lediglich die in den USA akkreditierten Studienprogramme würden nach Wien verlagert, so die Linie der Regierungsmedien. Tatsächlich bietet die CEU unter dem Label "Mitteleuropäische Universität" (Közép-Európai Egyetem) ein paar Lehrgänge mit ungarischen Abschlüssen an. Kernstück der CEU sind aber die in den USA akkreditierten und deshalb attraktiven Studien in Sozial- und Humanwissenschaften, für die es US-Diplome gibt. Sie alle wandern nun nach Wien ab.

Für Budapest, für das ungarische Geistesleben ist die Vertreibung der CEU ein massiver Verlust. "Ich habe keine Ahnung, was aus der geistigen Gemeinschaft werden wird, die vielen von uns ungemeine Möglichkeiten bot", schrieb Kata Ámon, CEU-Doktorandin der Politikwissenschaften, im linken Politik-Portal merce.hu. "Nicht nur die CEU-Studenten, sondern ein jeder konnte die Bibliothek nutzen, die voll ist mit Fachbüchern, die es an keiner anderen ungarischen Uni gibt, oder die für jedermann zugänglichen Vorträge an der CEU besuchen."

Belastete Beziehungen

Die Vergraulung der US-Uni dürfte das Verhältnis Ungarns, das unter Orbán einen zunehmend russlandfreundlichen Kurs steuert, zu den USA weiter belasten. Im US-Kongress herrscht ein parteiübergreifender Konsens darüber, dass die CEU als qualitativ hochwertige amerikanische Institution in Budapest zu erhalten sei. Zugleich ist US-Präsident Donald Trump jemand, der Soros wegen dessen Unterstützung der Demokraten überhaupt nicht mag.

Der neue US-Botschafter in Budapest, David Cornstein, setzte sich nach seiner Ankunft zunächst für die CEU ein. Zuletzt rückte er aber davon ab. In einem Interview mit der "Washington Post" vermied er es jüngst, Orbán zu kritisieren. Vielmehr gab er Soros die Schuld, weil dieser sich nicht um bessere Beziehungen zum ungarischen Regierungschef bemüht hätte. "Die Universität ist in einem anderen Land. Es würde sich auszahlen, mit der Regierung zu arbeiten", zitierte das Blatt den Botschafter, der als guter Freund Trumps gilt. Die offizielle Linie Washingtons ist das allerdings noch nicht.

FPÖ-Chef Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat die Übersiedlung der CEU am Dienstag kritisiert. In einer Pressekonferenz mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete Strache die vom US-Milliardär George Soros gegründete Einrichtung als "Wanderuniversität". Kurz wertete die neue Universität dagegen als "positive Bereicherung" für Wien. (Gregor Mayer aus Budapest, 3.12.2018)