Beim Thema Veränderung läuten die Alarmglocken von einigen Mitarbeitern. Sie assoziieren damit Gefahren und werden, bewusst oder unbewusst, zu Bremsern.

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Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung. Diese Heraklit zugeschriebene epigrammatische Weisheit definiert zugleich den Handlungsrahmen für Unternehmen in der Volks- und Weltwirtschaft. Besonders Klein- und Mittelunternehmen (KMUs) stellt sie oft vor die Herausforderung, neben dem Tagesgeschäft noch Ressourcen für Veränderungsprozesse freizumachen. Wie Unternehmen konkret damit umgehen, hat Christina Schweiger von der Fachhochschule Wien der Wirtschaftskammer Wien in einem Projekt untersucht. Ihr Befund: Selbst Unternehmen aus derselben Branche und derselben Größe unterscheiden sich hier sehr stark voneinander.

Im Nachfolgeprojekt "Strategische Innovations- und Veränderungsfähigkeit von KMU" untersucht sie jetzt den Zusammenhang zwischen unbewussten Denk- und Verhaltensmustern in Unternehmen und der Fähigkeit, Veränderungen umzusetzen. Das zweijährige Projekt wird von der MA23 der Stadt Wien, der Magistratsabteilung für Wirtschaft, Arbeit und Statistik, gefördert und läuft noch bis April 2019.

Der Ausgangspunkt von Schweigers Arbeit sind mehr oder weniger klare Einstellungen gegenüber dem Thema Veränderung. Diese fasst sie als "Veränderungslogik" zusammen. "Der Begriff drückt aus, dass es in einer Organisation bestimmte Denk- und Entscheidungsmuster gibt, die ursprünglich von den Firmengründern eingebracht wurden und die sich im Laufe der Zeit in allen Bereichen des Unternehmens einprägen. Und zwar größtenteils unbewusst."

Werden Veränderungen mit Gefahr assoziiert, dann kann das Change-Prozesse selbstverständlich bremsen. Mitarbeiter bringen seltener neue Ideen ins Unternehmen ein. Ein anderes Szenario im Fahrwasser von Veränderungsskepsis: Es entstehen viele Ideen im Unternehmen, sie finden aber kein Gehör beim Management oder bei den Kollegen.

Versteckte Muster bewusstmachen

Der erste Schritt zur Optimierung ist, versteckte Muster bewusst und transparent zu machen. Im Forschungsprojekt geschieht das im Rahmen von Workshops mit fünf teilnehmenden Unternehmen – zwei Steuerberatungskanzleien, eine Buchhandlung, eine Innovationsagentur und ein Fertigungsbetrieb.

Sind die Muster erst einmal sichtbar gemacht, werden konkrete Ziele für Veränderungen im Unternehmen definiert. Die zentrale Fragestellung des Forschungsprojektes: Können gezielte Anpassungen der Muster Verbesserungen in der Veränderungsfähigkeit von KMUs bewirken? Zu Projektbeginn wurde mittels Fragebogen der Status quo der Veränderungskompetenzen abgefragt. Man fragt sich vielleicht, was das genau ist: Darunter versteht man Marktbeobachtung genauso wie gezielte Literaturrecherche, die Schaffung von realen oder virtuellen Räumen zum gemeinsamen Nachdenken oder auch scheinbar Triviales wie die Einführung einer Beschwerdebox für alles, was den Menschen im Unternehmen immer schon auf der Seele lag.

Noch ein Fragebogen

Zum Ende der Projektlaufzeit werden die Unternehmen denselben Fragebogen noch einmal ausfüllen. Eine qualitative Auswertung soll dann zeigen, ob den Teilnehmern eine Verbesserung der definierten Prozesse gelungen ist. Genauer: ob der vermutete Zusammenhang zwischen den Mustern und den Veränderungskompetenzen des Unternehmens tatsächlich besteht. Es reicht allerdings nicht, wenn das Management den Mitarbeitern konkrete Aufgaben zur Veränderung der Unternehmensprozesse vorgibt. Entscheidend sei, dass diese Kompetenzen nachhaltig im Unternehmen verankert werden und keine bloßen Ad-hoc-Maßnahmen bleiben.

Schweiger erklärt: "Es müssen institutionalisierte Routinen werden." Erste Erkenntnisse hat das Projekt schon jetzt zutage gefördert. "Wir haben gelernt, wie man Bereitschaft zum Wandel weckt", sagt Schweiger. Veränderung kann nur stattfinden, wenn die Bereitschaft dazu vorhanden ist. Und das geht über Kommunikation."

In jedem Unternehmen gibt es Machertypen und eher auf Vorsicht bedachte Mitarbeiter, die als Bremser erscheinen können. Durch ihr Aufeinandertreffen entstehen in einem Change-Prozess logischerweise Spannungsfelder. Deshalb will die Forscherin eine Typologie dieser Spannungsfelder erstellen.

Schweiger wird nun Leiterin der Studiengänge Personalmanagement (Bachelor) und Organisations- und Personalentwicklung (Master) an der FH Wien. Ihre Forschungsergebnisse kann sie damit direkt in die Lehre an der Fachhochschule einfließen lassen. (Raimund Lang, 9.12.2018)