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Andrew Wheeler soll Scott Pruitt nachfolgen.

Foto: REUTERS/Joshua Roberts/File Photo

Neulich saß Andrew Wheeler bei einem Forum der "Washington Post" und sprach von den ewigen Pessimisten, die nach seinen Worten unterschätzen, was technischer Fortschritt an Positivem bewirkt. Wenige Tage zuvor hatten amerikanische Regierungsexperten im Auftrag des Kongresses einen Bericht vorgelegt, der die dramatischen Folgen des Klimawandels in Zahlen fasste, die Verluste für das Land konkret beziffernd.

118 Milliarden Dollar pro Jahr, lautete die Prognose des National Climate Assessment, würden die Vereinigten Staaten Mitte des Jahrhunderts allein durch Schäden an Immobilien in gefährdeten Küstengebieten verlieren, falls man den Anstieg der Kohlendioxidemissionen nicht bremse. Donald Trump quittierte den Report mit den Worten, dass er das alles nicht glaube. Wheeler sagte es weniger drastisch, doch im Kern gab er Trump recht: "Das Szenario stellt nicht in Rechnung, was uns im Laufe des 21. Jahrhunderts noch an Innovationen gelingen wird." Die Medien, schob er hinterher, hätten sich auf den dramatisierenden Bericht gestürzt, weil sie beim Klimawandel eben am liebsten das Worst-Case-Szenario skizzierten.

43.000 Dollar für schalldichte Telefonzelle

Derzeit ist Wheeler amtierender Direktor der amerikanischen Umweltbehörde, kommissarisch eingesetzt, nachdem der selbstherrliche Ressortchef Scott Pruitt im Juli zurücktreten musste. Pruitt, über den Kritiker spotteten, er führe sich auf wie ein Sonnenkönig, hatte sich neben anderen Extravaganzen für 43.000 Dollar eine schalldichte Telefonzelle auf seiner Büro-Etage installieren lassen. Wheeler, ein eher unauffälliger Technokrat, liefert stilistisch das komplette Kontrastprogramm. Inhaltlich aber liegt er ganz auf der Linie Pruitts, eines Hardliners, der alles zu kassieren versuchte, was der Präsident Barack Obama umweltpolitisch auf den Weg gebracht hatte.

Nach dem Willen Trumps soll der 53-Jährige demnächst für den Ministerposten an der Spitze der Environment Protection Agency (EPA) nominiert werden. Da die Republikaner im Senat, der die Personalie absegnen muss, über eine solide Mehrheit verfügen, dürfte das fällige Bestätigungsverfahren nicht viel mehr sein als eine Formalie. Falls nichts Überraschendes geschieht, bekommen die USA einen Umweltminister, dessen bisheriges Berufsleben um die Frage kreiste, wie sich die Interessen der fossilen Energiebranche am effizientesten verteidigen lassen.

Ehe er im April zur EPA wechselte, hatte Wheeler für die Anwaltskanzlei Faegre, Baker, Daniels gearbeitet, eine jener bestens vernetzten Kanzleien, die in Washington Lobbyarbeit leisten. Unter anderem legte er sich dafür ins Zeug, das Bears-Ears-Areal in Utah, in dem zwei markante Bergkuppen mit etwas Fantasie an Bärenohren erinnern, für den Uranabbau zu öffnen. Obama hatte den Landstrich am Fuße der Rocky Mountains zum Nationaldenkmal erklärt. Seit Trump das Dekret seines Vorgängers kassiert hat, können große Teile des Naturparks wirtschaftlich wieder genutzt werden.

Wunschzettel an Pence

Außerdem sorgte der Lobbyist Wheeler dafür, dass die Anliegen von Murray Energy, eines der größten Kohleunternehmen des Landes, auf der Agenda des Weißen Hauses weit oben rangierten. Zwei Monate nach Trumps Amtsantritt ließ der Murray-Konzern dessen Stellvertreter Mike Pence eine Art Wunschzettel zukommen. Der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen stand ebenso auf der Liste wie der Abschied vom Clean Power Plan, dem Herzstück der Ökopolitik Obamas. Bis 2030, hatte Trumps Vorgänger angeordnet, sollten die Kohlekraftwerke ihre Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Stand des Jahres 2005 um 32 Prozent senken. In der Praxis hätte es bedeutet, etliche Dreckschleudern, vor allem im Mittleren Westen, stillzulegen. Wheeler wirkte tatkräftig daran mit, Obamas Plan ad acta zu legen. Nur dass ihm – so ironisch kann Geschichte mitunter sein – die Kräfte des freien Marktes das Leben schwermachten. Der Vormarsch billigen Erdgases hat zur Folge, dass die Tage veralteter Kohlekraftwerke wohl ohnehin gezählt sind.

Bevor er sich Faegre, Baker, Daniels anschloss, gehörte der aus Ohio stammende Jurist zum Stab eines Senators, dessen Name wie kaum ein anderer für die Leugnung des vom Menschen verursachten Klimawandels stand. James Inhofe, ein Republikaner aus Oklahoma, sprach vom größten Schwindel, mit dem das amerikanische Volk jemals hinters Licht geführt werden sollte. Einmal trat er mit einem Schneeball ans Rednerpult, um zu illustrieren, wie kalt es draußen gerade sei. Andrew Wheeler war 15 Jahre lang sein Mitarbeiter. (Frank Herrmann aus Washington, 5.12.2018)