Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.

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Trotz einer Scheidungsrate von derzeit etwa 40 Prozent sind Eheverträge in Österreich nicht allzu angesagt. Die Gründe sind durchaus menschlich. Immerhin möchte man ja einen Bund fürs Leben eingehen. Wenn der Himmel voller Geigen hängt, verdrängt man den Gedanken an eine mögliche Scheidung lieber. Und wer will schon während der Hochzeitsvorbereitungen zum Scheidungsanwalt gehen, um mit seinem zukünftigen Partner darüber zu diskutieren, was in diesem Falle passieren soll. Viele haben auch Angst, dass die getroffenen Vereinbarungen im Scheidungsfall dann vor Gericht nicht halten.

Was kann man in einem Ehevertrag regeln?

Grundsätzlich gilt: In einem Ehevertrag kann man nur vermögensrechtliche Angelegenheiten regeln. Die zukünftigen Partner können beispielsweise vereinbaren, wie das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen nach einer Scheidung aufgeteilt werden oder wer die Ehewohnung bekommen soll.

Grenzen des Vertrags

Auch Vereinbarungen über den Unterhalt während der Ehe oder nach der Scheidung sind grundsätzlich zulässig. Es gibt aber auch Grenzen: Vereinbarungen, die einen Teil besonders benachteiligen oder sogar existenzbedrohend sind, werden von der Rechtsprechung als sittenwidrig angesehen. Dies gilt etwa für einen vollständigen Unterhaltsverzicht, wenn ein Teil aufgrund der Kinderbetreuung über kein eigenes Einkommen verfügt.

Auch Regelungen, die die Ehewohnung betreffen, sind oft unwirksam, wenn der andere Partner oder ein gemeinsames Kind darauf angewiesen sind. Die persönlichen Beziehungen der Ehegatten können in einem Ehevertrag ebenso wenig verbindlich festgelegt werden. Es ist daher nicht möglich, die eheliche Treue oder Beistandspflicht auszuschließen oder den Ehepartner zum Geschlechtsverkehr beziehungsweise zur Zeugung von Nachkommen zu verpflichten.

Auch Regelungen über die Obsorge und das Kontaktrecht nach der Scheidung sind bloße Absichtserklärungen. Das Gericht kann daher im Streitfall auch eine andere Regelung treffen, wenn dies dem Kindeswohl entspricht.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Auch wenn es unromantisch klingt: Eine Ehe ist nicht nur eine Liebesbeziehung, sondern auch ein Vertrag mit Rechten und Pflichten. Jeder Partner sollte wissen, worauf er sich einlässt, und seine Wünsche und Vorstellungen äußern, bevor es zu spät ist. Die Ehepartner sollten sich daher vor der Hochzeit über die Rechtslage informieren und sich darüber Gedanken machen, ob sie die gesetzlichen Regelungen als fair empfinden. Wer aus romantischen Gründen oder um des Ehefriedens willen keinen Ehevertrag abschließt, erlebt bei der Scheidung oft ein böses Erwachen.

Und wenn man sich schon vor der Ehe in wichtigen finanziellen Belangen nicht einigen kann, sollte man es sich vielleicht zweimal überlegen, ob man tatsächlich heiraten möchte. Dann ist ein späterer Rosenkrieg nämlich geradezu vorprogrammiert. Umgekehrt sollte man auf keinen Fall einen Ehevertrag unterschreiben, wenn nicht sichergestellt ist, dass man nach der Scheidung auch finanziell abgesichert ist.

Ehevertrag: Ja oder Nein?

Ob ein Ehevertrag sinnvoll ist, hängt letztendlich immer von den Lebensumständen der Partner ab. Ein Ehevertrag ist beispielsweise zu empfehlen, wenn ein Partner im Unternehmen des anderen mitarbeitet oder wenn man vor der Eheschließung gemeinsam ein Haus gebaut hat, aber nur einer im Grundbuch eingetragen ist. Wenn ein Partner wegen der Kinderbetreuung in Karenz geht oder nur Teilzeit arbeitet, sollte er darauf bestehen, dass ihm nach der Scheidung zumindest für einen bestimmten Zeitraum ein verschuldensunabhängiger Unterhalt zusteht.

Es kann auch nicht schaden, vor der Hochzeit gemeinsam festzuhalten, wer welche Vermögenswerte in die Ehe eingebracht hat. Damit erspart man sich unnötige Streitigkeiten in einem späteren Aufteilungsverfahren. In jedem Fall sollte man sich vor der Hochzeit informieren, sonst ist man im Falle einer Scheidung der große Verlierer. (Carmen Thornton, 8.12.2018)