Den Gin mit Tonic von Schweppes genießen – mit gutem feministischem Gewissen.

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Die Drogerie Bipa will in ihrer aktuellen Kampagne mit dem Slogan "Weil ich ein Mädchen bin" empowern. Auf Plakaten der Erste Bank ist ein Mädchen auf einem BMX-artigen Bike mit Latzhose, Riesenbrille und Helm zu sehen, ergänzt wird das Sujet mit "Glaub an dich". Und ein Parfum nennt sich "Girls Can Do Anything".

Nachdem die Werbeindustrie kräftig in die Sexismus-Kiste griff, entdeckt sie nun die Kritikerinnen und Opfer dieser Verkaufsstrategie als Zielgruppe. Banken, Parfümerieketten oder Lebensmittelkonzerne feiern zumindest auf Plakaten, nun ja, nennen wir es "Frauenpower", wie es in den 1980er- und 90er-Jahren so schön hieß. Obwohl Werbekampagnen alles andere als altbacken sein sollten: Ungefähr in diese Jahrzehnte passen viele der brandaktuellen "Feminismus"-Werbekampagnen.

Mädchen können alles machen? Danke für den Hinweis, doch von einem Parfumflakon lässt man sich diese Selbstverständlichkeit nicht gern als politische Botschaft andrehen. Vom völlig inhaltsleeren "Weil ich ein Mädchen bin" gar nicht zu reden.

Schweppes mischt mit

Nun ist auch die Firma Schweppes aktiv geworden. Und zwar nicht nur mit ein paar "Girlie"-Werbesprüchen, sondern mit einer Art sozialem Experiment zu einem ernsten Thema: sexuelle Belästigung. Drei Frauen wurden im Auftrag von Schweppes in Clubs geschickt – in einem Kleid, das Berührungen aufzeichnet. Das Kleid wurde mit Sensoren versehen, jeder einzelne Grapscher wurde aufgezeichnet. 157 waren es in knapp vier Stunden.

"The Dress for Respect" heißt die Kampagne, deren Kern das Video von Frauen ist, die tanzen gehen und dauernd betatscht und angemacht werden. Darin erzählen die Frauen auch selber von ihren Erfahrungen mit Belästigung außerhalb dieses "Experiments", das es eigentlich nicht gebraucht hätte – vorausgesetzt, man glaubt den Frauen jetzt einfach mal.

Dass man zu Werbezwecken nach einem möglichst originellen Weg sucht, diese Erfahrungen von Frauen zu "objektivieren", ist schlicht daneben. Für die Feststellung, dass allein tanzen zu gehen für Frauen ein Spießrutenlauf ist, braucht es keine versteckten Sensoren im Kleid.

Nur Mittel zum Zweck

Doch Frauen von ihren Erfahrungen erzählen zu lassen, die Referenz auf die zahllosen Umfragen, die Studien zum Thema sexuelle Übergriffe – das glitzert zu wenig. In der Werbung geht es logischerweise aber vorrangig um dieses Glitzern, Feminismus ist da nur Mittel zum Zweck. Sicher, es gibt schlimmere Mittel, Stichwort sexistische Werbung. Doch trotzdem sollte bei so viel neuem feministischem Eifer nicht vergessen werden: Er dient letztendlich nur dem Verkaufszweck. (Beate Hausbichler, 5.12.2018)