Die Speculoos-Südsternwarte hat einen beneidenswert klaren Blick auf den Sternenhimmel.
Foto: ESO/ P. Horálek

Garching – In Chile hat die Europäische Südsternwarte (ESO) über die Jahrzehnte hinweg einen kleinen Hightech-Archipel astronomischer Einrichtungen aufgebaut. Standorte sind La Silla, die Chajnantor-Hochebene und vor allem der Berg Cerro Paranal, auf dem die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) ihr Flaggschiff betreibt. All diese Einrichtungen im trockenen Norden des Landes zehren von dem Umstand, dass Wüstenklima und weitgehendes Fehlen von Besiedelung für einen klaren Himmel sorgen.

Geschmackssicher

Die Anlage am Paranal wurde nun um ein weiteres Observatorium ergänzt. Der Name der neuinstallierten Speculoos-Südsternwarte soll offiziell "Search for habitable Planets EClipsing ULtra-cOOOl Stars" bedeuten – aber natürlich handelt es sich dabei um ein Backronym, wie die ESO zugibt. Spéculoos bedeutet auf Flämisch nichts anderes als Spekulatius und spiegelt die belgische Herkunft des Projekts wider.

Was vielen nicht bewusst ist: Das ebenfalls von Belgiern entwickelte Teleskop Trappist, dem seit seiner Inbetriebnahme 2010 schon einige Sterne und Planeten ihre Bezeichnungen verdanken, hat einen ähnlichen Ursprung. Es wurde nach den Trappistenbieren benannt, die in Belgien besonders beliebt sind.

Auf der Suche nach Planeten, die Zwerge umkreisen

Mit ersten Test- und Kalibrierungsaufnahmen – traditionell als Erstes Licht bezeichnet – begann nun die Phase der Inbetriebnahme von Speculoos. Es besteht aus vier Teleskopen, die mit Ein-Meter-Hauptspiegeln ausgestattet sind. Die Teleskope wurden ausnahmsweise nicht nach Genussmitteln, sondern nach den vier großen Jupitermonden Io, Europa, Ganymed und Callisto benannt.

Mit Speculoos wollen die Astronomen nach potenziell bewohnbaren Planeten in Erdgröße suchen, die ultrakühle Sterne oder Braune Zwerge – Himmelskörper, die eine Mittelstellung zwischen Zwergsternen und Gasriesen einnehmen – umkreisen. Deren Planetensysteme sind bislang noch weitgehend unerforscht: Bisher wurden laut ESO nur wenige Exoplaneten gefunden, die solche Himmelskörper umkreisen.

Genauer Blick auf unsere Nachbarschaft

Auch wenn diese leuchtschwachen Objekte schwer zu beobachten sind, gibt es sie vermutlich im Überfluss – nach gängigen Kalkulationen von Astronomen machen sie etwa 15 Prozent der Sterne im nahen Universum aus. Speculoos soll nun tausend solcher Sterne und Brauner Zwerge auf der Suche nach erdgroßen bewohnbaren Planeten erforschen, darunter die nächstgelegenen, hellsten und kleinsten Objekte.

"Speculoos ermöglicht es uns, erdähnliche Planeten zu entdecken, die regelmäßig einige unserer kleinsten und kühlsten Nachbarsterne bedecken", erklärte Michael Gillon von der Universität in der belgischen Stadt Lüttich als Forschungsleiter des Projekts. "Das ist eine einzigartige Gelegenheit, die Geheimnisse dieser nahen Welten zu ergründen." (red, 5. 12. 2018)