Angst ist überlebensnotwendig und kann viele Ursachen haben. Wenn die Angst unverhältnismäßig stark, zu häufig und zu lange andauert, kann es sich um eine Angststörung handeln.

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Wien/Erlangen – Angststörungen können mit einer Reihe von Psychopharmaka behandelt werden, darunter auch Benzodiazepine (BZDs), die seit etwa 50 Jahren im Einsatz sind. Ihre Wirkungsweise auf molekularer und zellulärer Ebene ist gut erforscht. Allerdings wissen Ärzte und Neurowissenschafter noch wenig über die Wechselwirkungen zwischen den neuronalen Schaltkreisen, durch die Benzodiazepine ihre angstlösende Wirkung entfalten.

Ein Forscherteam um Wulf Haubensak vom Wiener Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) fand nun heraus, dass BZD die Weiterleitung aversiver Signale durch die Amygdala, dem Mandelkern, stören. Zusätzlich konnten sie die die betroffenen Schaltkreise im Gehirn identifizieren. Demnach sind mehrere neuronale Schaltkreise beteiligt, die das Gefühl der Angst verursachen. "Angst entsteht aus dem Zusammenspiel mehrerer Kreisläufe im Gehirn. In diesem Netzwerk haben wir einen entscheidenden biomedizinischen ‚Hot-Spot‘ identifiziert, welcher der angstlösenden Therapie zugrunde liegt ", sagt Haubensak.

Hot-Spot im Gehirn entdeckt

"Diesem Hotspot auf die Spur zu kommen, war nur möglich, indem Erkenntnisse über die Verbindungen von Neuronen im Gehirn, dem Konnektom, mit genetischen Techniken kombiniert wurden, die die funktionale Visualisierung und Manipulation bestimmter Neuronenpopulationen im Tiermodell ermöglichen", ergänzt der Experte.

Die Wissenschaftler verglichen ihre an Mäusen gewonnenen Erkenntnisse mit funktionellen menschlichen Gehirnscans und fanden Hinweise darauf, dass die gleichen Mechanismen auch beim Menschen wirksam sind. Dies öffnet neue Perspektiven für die Entwicklung von Medikamenten. "Da wir nun die exakten Netzwerke von Neuronen kennen, die den angstlösenden Effekt von BZD vermitteln, können wir jetzt versuchen, sie gezielt zu erreichen. Dies könnte die Entwicklung neuer Medikamente zur Behandlung von Angstzuständen ermöglichen, ohne die Nebenwirkungen, die bei derzeitigen Anxiolytika üblich sind", hofft Johannes Griessner, Erstautor der Studie. (red, 7.12.2018)