Belgiens Premierminister Charles Michel will mit einer Minderheitsregierung weitermachen.

Foto: imago

Der Streit über den UN-Migrationspakt hat kurz vor der entscheidenden UN-Konferenz in Marrakesch zum Scheitern der Regierung in Belgien geführt. Premierminister Charles Michel von der wallonischen Liberalen Partei (MR), der eine Koalition mit den flämischen Nationalisten (N-VA), Christdemokraten und Liberalen anführt, hat König Philippe am Sonntag um die Genehmigung zur Regierungsumbildung gebeten.

Er will das Land mit einer Minderheitsregierung führen. Die regulären Wahlen sollten parallel zur Europawahl im Mai 2019 stattfinden. Ein Umbau einer Regierung im Königreich ist am Ende der fünfjährigen Legislaturperiode nicht ganz so einfach. Denn die N-VA war 2014 als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen. Sie stellt neben dem Finanz- und dem Innenminister auch den Verteidigungsminister.

Die Wallonen im Süden fühlen sich unterrepräsentiert. Wegen der Zersplitterung in drei Sprachregionen sowie in Flandern und Wallonien und wegen des starken Föderalismus sind Zentralregierungen stets unsichere Bündnisse. Es gibt im Parlament 13 Parteien auf 150 Sitzen. So dauerte die Regierungsbildung im Jahr 2011 nicht weniger als 541 Tage. Die Frage ist also, ob nicht nur der König, sondern auch bisherige Oppositionsparteien gewillt sein werden, ein Minderheitskabinett zu dulden.

König kalmiert üblicherweise

Auslöser der Krise war ein Zerwürfnis um den Migrationspakt. Die Neu-Flämische Allianz (N-VA) hatte sich vergangene Woche geweigert, beim UN-Pakt im Parlament mitzustimmen. Daraufhin umging Michel den Koalitionspartner und verschaffte sich im Parlament mit anderen eine Mehrheit. Das Vorgehen war ungewöhnlich. Normalerweise werden Regierungskonflikte dem König vorgetragen und von diesem kalmiert. Michel bestand aber darauf, dass seine Regierung zu dem Pakt stehen müsse. Er wollte auch persönlich nach Marrakesch reisen, um das zu dokumentieren.

Die N-VA-Führung kündigte daraufhin an, die Regierung zu verlassen. Michel erklärte, er habe zur Kenntnis genommen, dass einige seiner Minister sich der Koalition nicht mehr zugehörig fühlten – und ging allein zum König. Statt der Minister will er Staatssekretäre einsetzen und seine eigene Macht vergrößern. In der Slowakei hingegen erklärte Außenminister Miroslav Lajcák, der wegen des Neins seiner Regierung zum Pakt zurücktreten wollte, er bleibe nun doch im Amt. (Thomas Mayer, 10.12.2018)