US-amerikanische Medien berichten, dass Präsident Donald Trump und sein Stabschef John Kelly (rechts) zuletzt kaum noch miteinander geredet haben sollen. Eisiges Schweigen habe geherrscht.

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Einst holte ihn Donald Trump als Cheforganisator ins Weiße Haus, um das Chaos zu ordnen. Nun stellt er John Kelly, einem Ex-Viersternegeneral der Marineinfanterie, nach nur 18 Monaten im Amt den Stuhl vor die Tür. "John Kelly wird uns verlassen, wobei ich nicht weiß, ob ich sagen kann, dass er in den Ruhestand tritt", bestätigte Trump am Samstag vor Reportern, was seit Wochen durch die Gerüchteküche schwirrt. "Er ist ein toller Typ", lobte er, wie so oft, wenn er jemanden feuert und er sich verstellt. Tatsächlich sollen der Präsident und sein Stabschef zuletzt kaum noch miteinander geredet haben.

Als Nachfolger Kellys wird Nick Ayers gehandelt, der Stabschef des Vizepräsidenten Mike Pence, ein 36 Jahre alter Netzwerker, für den sich Trumps Tochter Ivanka und deren Mann Jared Kushner starkgemacht haben.

Überraschend kommt das alles nicht, zumal es zu Trumps Stil gehört, Personal in einem Tempo auszutauschen, wie man es von kaum einem seiner Vorgänger kannte. Gut einen Monat nach dem Dämpfer der Kongresswahlen, bei denen die Demokraten das Repräsentantenhaus eroberten, versucht er, in die Offensive zu kommen, indem er neue Leute ins Kabinett holt. Anstelle des geschassten Südstaatlers Jeff Sessions soll William Barr, ein Republikaner aus seiner Heimatstadt New York, Justizminister werden und damit auf einen Posten zurückkehren, den er Anfang der Neunziger bereits unter George Bush innehatte.

Mattis ist vielleicht der nächste

Heather Nauert, ehemals Fernsehmoderatorin des konservativen Senders Fox News, später Sprecherin des Außenministeriums, löst Nikki Haley, die Ex-Gouverneurin South Carolinas, als UN-Botschafterin ab. Schon seit längerem wird darüber gemunkelt, dass auch die Tage von James Mattis, eines vorsichtig realpolitisch denkenden Ex-Generals, an der Spitze des Pentagons gezählt sind. Die Entlassung Kellys, glauben manche, könnte den Boden dafür bereiten.

Mit Kelly verlässt ein Mann den Orbit Trumps, mit dessen Namen das alte republikanische Establishment die Hoffnung verband, den Populisten irgendwie einhegen, seine nationalistischen Instinkte unter Kontrolle bringen zu können. So spontan der Präsident seine Einfälle via Twitter verbreitete, so diszipliniert sollte Kelly dafür sorgen, dass daraus allenfalls im Ausnahmefall praktische Politik wurde.

Respekt für den General

Begonnen hatte er im Jänner 2017 als Heimatschutz-Minister, nach einem halben Jahr wechselte er ins Weiße Haus, wo er einen Schlussstrich unter diverse Ränkespiele ziehen sollte. Kelly war einer jener Generäle, denen Trump Respekt entgegenzubringen schien – obwohl sich Letzterer eine Fußkrankheit attestieren ließ, um im Vietnamkrieg der Einberufung zu entgehen.

Tatsächlich gelang es Kelly, etwas Ordnung in den heillos chaotischen Regierungsalltag zu bringen. Konnte zuvor jeder von Trumps Vertrauten jederzeit das Oval Office betreten, setzte Kelly geregelte Abläufe durch. Auf sein Drängen wurde der Stratege Steve Bannon in die Wüste geschickt, was Optimisten annehmen ließ, die ärgsten populistischen Exzesse seien nun beendet.

Mit der Zeit aber, so Bob Woodward in seinem Enthüllungsbuch Fear, verstärkte sich auch bei Kelly das Gefühl, auf verlorenem Posten zu stehen. Trump ließ sich auch von ihm nicht davon abbringen, schnelle Tweets in die Welt zu setzen. "Er ist ein Idiot", sagte er hinter vorgehaltener Hand über seinen Chef. "Es hat keinen Sinn, ihn vor irgendwas zu überzeugen. Er ist mental entgleist."

Quittung präsentiert

Ob der 68-Jährige mit der stoischen Miene drei Monate nach Erscheinen des Buchs die Quittung präsentiert bekommt, vermag kein Außenstehender zu beurteilen. Zuletzt machte Kelly oft traurige Figur, weil er versuchte, mit einem Zickzackkurs über die Runden zu kommen. Mal hieß er gut, dass Kinder an Mexikos Grenze von ihren Eltern getrennt wurden, auch wenn es wohl seinen Überzeugungen widersprach. Mal dementierte er Woodwards Zitate, obwohl jeder wusste, dass der Chronist akribisch recherchierte.

Zum Verhängnis, so die Washington Post, sei Kelly schließlich ein Dauerkonflikt mit "Javanka" geworden, dem Duo Jared Kushner / Ivanka Trump. Über die beiden hatte er sich beschwert, sie spielten Regierung, obwohl ihnen die nötige Erfahrung fehle. Trump hätte sie nie ins Weiße Haus holen dürfen, denn sie glaubten, sich wegen familiärer Bande nicht an Regeln halten zu müssen. (Frank Herrmann aus Washington, 9.12.2018)