Die damaligen Kandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen. Das Bild wurde bei einer TV-Diskussion aufgenommen.

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Das Kapitel Bundespräsidentenwahl 2016 ist offenbar noch nicht für alle abgeschlossen. Die FPÖ klagt die Republik nun auf Schadenersatz. Die Freiheitlichen wollen jene Kosten, die der Partei durch die von ihnen selbst angestrebte Wiederholung der Stichwahl entstanden sind, zurückhaben. Konkret geht es um 3,4 Millionen Euro, berichtet die "Kronen Zeitung" am Montag.

Das innenpolitische Jahr 2016 war geprägt von der Wahl zum Bundespräsidenten: Nachdem der erste Wahlgang im April erfolgt war, ging im Mai die Stichwahl zwischen dem heutigen Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) und dem nun amtierenden Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen über die Bühne. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei mehreren Wahlbehörden fochten die Freiheitlichen die Stichwahl erfolgreich an, weshalb die Wahl im Dezember wiederholt wurde.

Zwei Grundlagen für die Klage

"Es gibt eine Amtshaftungsklage, weil die Organe der Republik aus unserer Sicht versagt haben", wird FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker von der "Krone" zitiert. Die Republik sei in der Verantwortung, weil die Unregelmäßigkeiten seitens der Behörden die Wiederholung erst notwendig gemacht hätten. Die Republik zu klagen sei "nie eine angenehme Sache". Er argumentiert die Klage damit, dass sich die FPÖ sonst dem Vorwurf der Untreue aussetzten könnte, da es sich bei den Wahlkampfmittel um öffentliches Geld handle.

Man klage auf zwei Grundlagen, sagt Parteianwalt und Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer zum STANDARD: erstens wegen der Mängel bei der Auszählung, die zur Anfechtung der FPÖ und zur Wiederholung der Wahl geführt haben. Zweitens wegen der kaputten Wahlkarten, deretwegen die Wahlwiederholung nochmals verschoben werden musste.

SPÖ sieht "Schamlosigkeit"

Die SPÖ reagierte mit scharfer Kritik auf die Klage der FPÖ gegen die Republik. "Es ist eine Schamlosigkeit, in Zeiten von Kürzungen der Mindestsicherung und anderem Sozialabbau juristische Schritte zu setzen, um die Parteikassen aufzufetten", sagte Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda der APA am Montag. "Die FPÖ lässt jedweden Anstand vermissen."

Interessant sei zudem, wer in dieser Causa wen klage. "Klagt der ehemalige FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl den nunmehrigen Innenminister Kickl oder der unterlegene Kandidat und jetzige Verkehrsminister Norbert Hofer den Innenminister? Oder klagen Kickls Nachfolger den früheren Innenminister und nunmehrigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP)?", fragte Drozda.

Fakt sei jedenfalls, "dass jede Klage und jedes Urteil von Steuergelder bezahlt wird. Sicherer Profiteur ist der Parteianwalt Dieter Böhmdorfer, der für seine juristischen Dienste mit dem Geld der Steuerzahler bezahlt wird", so Drozda.

FPÖ-Klage für Neos moralisch nicht tragbar

Ohne jegliches Verständnis reagierte auch Neos-Generalsekretär Nick Donig auf die Schadenersatzforderung der FPÖ. Dieser Vorgang sei zwar vielleicht rechtlich gedeckt, jedoch nicht redlich, so Donig in einer Aussendung. "Nicht alles, was rechtlich zu argumentieren ist, ist politisch und moralisch tragbar."

"Die FPÖ sieht die Republik offenbar als Goldesel. Erst schamlos die Wahlkampfkostenbeschränkung bei der Nationalratswahl um 3,7 Millionen Euro zu überschreiten, um dann zu versuchen, sich fast die gleiche Summe von der Republik zu holen, ist ein allzu leicht durchschaubares Vorgehen, um die Parteifinanzen zu sanieren."

Donig wiederholt in diesem Zusammenhang die Neos-Forderung nach einer strengen Beschränkung der Wahlkampfkosten.

Team hinter Van der Bellen lehnt Klage ab

Der Verein "Gemeinsam für Van der Bellen", der die Präsidentschaftskandidatur von Van der Bellen organisiert hat, lehnt eine Klage gegen die Republik wegen der Unregelmäßigkeiten beim Urnengang 2016 hingegen ab. Man wolle keinen jahrelangen Rechtsstreit auf Kosten der Steuerzahler. Zudem könnten bei einer solchen Klage einfache Wahlbeisitzer zum Handkuss kommen.

"Wir haben bereits seinerzeit nach Aufhebung der ersten Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit einer Schadenersatzforderung geprüft. Wir sind schon damals zu dem Ergebnis gekommen, dass wir von einem derartigen Schritt aus demokratiepolitischen, moralischen und juristischen Gründen Abstand nehmen. Mit einer derart strittigen Schadenersatzforderung ist ein jahrelanger Rechtsstreit mit enormen Kosten verbunden. Es geht um Steuergeld. Gerade in Zeiten von Kürzungen und Sparpaketen ist besonders sorgsam mit öffentlichen Geldern umzugehen", erläutert der Ex-Wahlkampfleiter und Obmann des Vereins "Gemeinsam für Van der Bellen", Lothar Lockl gegenüber der APA am Montag.

Auch ein weiterer – demokratiepolitischer – Aspekt spreche gegen einen derartigen Schritt. Wenn die Republik Schadenersatz zahlen muss, müsse sie ihrerseits prüfen, ob nicht Schadenersatzansprüche gegenüber einfachen Wahlbeisitzern einzuleiten wären – also gegenüber Menschen, "deren freiwillige Arbeit einer der zentralen Eckpfeiler demokratischer Wahlen ist". "Dieses Signal möchten wir keinesfalls setzen", so Lockl. (red, 10.12.2018)