Begonnen hat es mit einem Ende. Hans Platzgumer und Chris Laine wollten es sein lassen, das Bandprojekt Convertible begraben, um unter neuem Namen ein Album zu veröffentlichen. So wollte man Erwartungshaltungen umgehen; der Gedanke war, dass eine neue, mysteriöse Band Aufmerksamkeit erregen würde, um dann … na ja.

Unnötig zu sagen, dass sich das so nicht ereignet hat. Nun gab es aber das Album, was also tun damit? Anstatt das Kind wegzulegen, beschlossen seine Schöpfer, es in die Arme zu nehmen und als das zu veröffentlichen, was es war und ist: ein neues Werk von Convertible.

Eine höhere Feierabend-Combo

Convertible ist eine der vielen Bands des Tirolers Hans Platzgumer. Der wird nächstes Jahr 50. Seit über drei Jahrzehnten ist er als Musiker umtriebig, seit ein paar Jahren zudem als Autor von bislang drei Büchern gut beschäftigt. Um Platzgumers immer schon enormen Output zu ermöglichen, wurde einst in New York von einem seiner Fans ein Label gegründet: Matador Records. Platzgumer veröffentlichte darauf mit seiner Band HP Zinker. Heute ist Matador der Verlag von Bands wie Interpol, Queens of the Stone Age, Yo La Tengo oder Perfume Genius, um nur ein paar zu nennen – und Platzgumer lebt wieder in Österreich.

Convertible mit Sandy Beaches.
convertible - Topic

Mit Convertible nahm er 2004 ein Debütalbum auf, 2008 wurde die Band für einen Amadeus nominiert. Mittlerweile ist es eine höhere Feierabend-Combo, die frei von irgendwelchen Zwängen zusammentrifft und aus Spaß an der Freud (und etwas Obsession) Musik macht. Ja, es heißt, Platzgumer wollte gar nicht mehr auftreten und keine Platten mehr veröffentlichen. Ausgerechnet diese Selbstbefreiung ergab die besten Voraussetzungen, um dann doch wieder ein Album aufzunehmen. Dieses liegt mit Holst Gate nun vor.

Eigentlich wollte er ja kein Album mehr aufnehmen. Getan hat er es doch: Hans Platzgumer veröffentlicht "Holst Gate" mit seiner Band Convertible – ein Traum!
Foto: Chris Laine

Einer fiktiven Figur ergeben

Ein wenig verfing die Idee einer neuen Band dabei doch. Und zwar in Person des Colin Holst. Der stammt aus Kongsberg in Norwegen, wo er hinter dem Haus seiner Eltern ein Studio betreibt. Dort nimmt er einnehmend schöne Musik auf. Holst ist eine fiktive Figur. Eine, der sich Platzgumer auf Holst Gate vollständig ergibt, vornehmlich am Klavier.

Das Klavier verleiht den Songs eine Wirkmacht, die stellenweise fast schon hymnisch anmutet – wiewohl die Lieder nicht bombastisch gebaut sind, Convertible ist ja bloß ein Trio: Platzgumer, Laine und Hannah MacKenna. Aber ein Lied wie Sandy Beaches verströmt dennoch eine Erhabenheit, wie man sie zuletzt bei den frühen Arcade Fire gehört hat, ohne deren Pathos aufzutragen.

Andere Songs verführen mit einem Feeling, das im Spätwerk John Lennons auftaucht: einer Mischung aus Pop-Appeal und Schwermut. So erscheint Holst Gate mit seinen acht Songs als wunderbares Kleinod, dass den freiwilligen Pop-Pensionisten hoffentlich wieder zurück ins Amt bewegt. (Karl Fluch, 11.12.2018)