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Theresa May will verhandeln. Jean-Claude Juncker nicht – man könne lediglich "mehr Klarheit" schaffen.

Foto: REUTERS/Yves Herman

London/Brüssel – EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht keinen Verhandlungsspielraum bei dem mit London ausverhandelten Brexit-Abkommen. "Der Deal, den wir erreicht haben, ist das Beste, was wir bieten können. Das ist der einzige Deal. Es gibt keinen Raum für Neuverhandlungen", betonte Juncker Dienstagfrüh im Europaparlament in Straßburg.

Damit bestätigte er die Linie, die bereits am Montag von einer Kommissionssprecherin sowie hochrangigen EU-Vertretern kommuniziert wurde. Juncker zufolge könnte lediglich "der Raum intelligent genutzt werden, um weitere Klarheit zu schaffen".

Die britische Premierministerin Theresa May hatte am Montag überraschend die für Dienstag geplante Abstimmung über den Deal im Unterhaus verschoben. Sie wolle weitere "Zusicherungen" der EU ausverhandeln, vor allem bei dem umstrittenen "Backstop".

Diese Auffanglösung soll garantieren, dass es nach dem Austritt Großbritanniens keine "harte Grenze" und damit Kontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland gibt. Falls nach einer 21-monatigen Übergangsfrist immer noch keine Lösung gefunden ist, soll Nordirland auf einigen Gebieten enger mit der EU verbunden bleiben: Für Nordirland würden die Bestimmungen des EU-Binnenmarktes weiter gelten und Großbritannien würde bis auf weiteres in einer Zollunion mit der EU bleiben.

Die Brexit-Hardliner fordern allerdings ein einseitiges Kündigungsrecht für den Backstop, damit London eigene Handelsabkommen etwa mit den USA schließen kann. Brexit-Staatsminister Martin Callanan zufolge verlangte May "zusätzliche, rechtlich bindende" Zusicherungen von Brüssel, dass Großbritannien im Falle des Backstops nicht "dauerhaft gefangen" sei in der Zollunion mit der EU.

Dichtes Programm für May

May soll sich noch am Dienstag um 19.15 Uhr mit Juncker in Brüssel treffen. Zuvor kommt sie auf ihrer "Europa-Tour" nach Den Haag und Berlin. Bereits am Morgen standen Gespräche mit dem niederländischen Premier Mark Rutte auf dem Programm. "Es war ein nützliches Gespräch, bei dem wir den letzten Stand der Dinge um den #Brexit besprochen haben", twitterte Rutte danach.

Ein Sprecher Mays erklärte, das Treffen sei "produktiv" gewesen. Die Regierungschefin habe deutlich gemacht, dass sie "zusätzliche Zusicherungen" zur sogenannten Backstop-Lösung brauche, damit das von ihr ausgehandelte Austrittsabkommen vom britischen Unterhaus gebilligt werde. May und Rutte seien sich einig gewesen, dass die Backstop-Lösung nur "temporär" andauern dürfe.

Um 13 Uhr traf May die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin, über die konkreten Inhalte wurde vorerst nichts bekannt. Um 17 Uhr steht ein Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk in Brüssel auf dem Plan. Am Donnerstag wird der Brexit-Deal auch Thema beim EU-Gipfel sein.

May hatte die für Dienstagabend geplante Abstimmung über das Brexit-Abkommen im Unterhaus kurzfristig abgesagt, ohne einen neuen Termin zu nennen. Sie will zuerst nachverhandeln, was die EU jedoch ablehnt. Mehr als Formulierungsänderungen oder eine Zusatzerklärung kann sich May kaum erhoffen. Am Dienstag bestätigte das Büro der Premierministerin, dass bis spätestens 21. Jänner im Parlament abgestimmt werden soll.

Auch Österreich gegen Nachverhandlungen

Auch vonseiten Österreichs wurden weitere Verhandlungen ausgeschlossen. "Es wird definitiv keine Nachverhandlung über den Austrittsvertrag geben", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) der "Financial Times". "Der Deal, den wir im Moment haben, ist ein guter und ausgewogener Deal, und ich denke, es liegt im Interesse von uns allen, ein No-Deal-Szenario zu vermeiden."

"Es hat jetzt lange und intensive Verhandlungen gegeben über den Austrittsvertrag und ein mögliches künftiges Verhältnis, so wie auch die irische Grenzfrage", sagte EU-Minister Gernot Blümel (ÖVP). Was auf dem Tisch liege, sei die bestmögliche Lösung. (red, APA, 11.12.2018)