Aufbruch – wenn es um die Unterschriften von einer halben Million Wahlberechtigter geht.

Foto: Matthias Cremer

Für eine Regierung gibt es unzählige Möglichkeiten zu zeigen, wie egal ihr fortschrittliche Frauenpolitik ist. Und eine jede wird von dieser Bundesregierung inklusive Frauenministerium hemdsärmelig ergriffen.

Zwei Monate nachdem die Unterschriften für das Frauenvolksbegehren auf dem Tisch lagen, wurden nun die Inhalte des Begehrens im Parlament diskutiert. 482.000 haben die teils kontroversen und mutigen Forderungen des Frauenvolksbegehrens unterschrieben. Trotzdem wurden die gewichtigen Themen – von Gewaltschutz über reproduktive Rechte bis hin zum Gender Pay Gap – in Abwesenheit der Regierungsspitze und der MinisterInnen debattiert. Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Staatssekretärin Karoline Edtstadler packen mit Beginn der ersten Lesung des Frauenvolksbegehrens zusammen und verlassen den Plenarsaal.

Edtstadler wurde mit der Taskforce "Härtere Strafen für Sexual- und Gewaltverbrecher" beauftragt und hätte damit durchaus Themenaffinität. Oder könnte etwas lernen. Im Zuge ihrer Funktion als Taskforcebeauftragte sprach sie in einem Ö1-Interview im November davon, Opfer müssten so "selbstbewusst sein, dass sie sich auch wehren", und sprach in ein und demselben Interview auch davon, dass man die "Täter-Opfer-Umkehr aus der Gesellschaft bringen muss". Ein denkbar schwieriges Unterfangen, wenn die, die sie betreiben, es offenbar nicht bemerken.

Frauenpolitisches Basiswissen

Einige Redebeiträge – insbesondere jene von den SPÖ-Frauen – hätten Karoline Edtstadler vielleicht das eine oder andere frauenpolitische Basiswissen vermitteln können – wäre sie denn dageblieben. Und auch ihre Parteikolleginnen sowie die FPÖ-Abgeordneten kannten die Inhalte des Frauenvolksbegehrens entweder nicht oder verstehen sie schlichtweg nicht. Die Forderungen des Frauenvolksbegehrens nach umfassender Unterstützung für ungewollt Schwangere werden mit der "Beratung von Schwangeren" vermischt. Letztere Formulierung geht wohl davon aus, dass man seine Meinung bezüglich "ungewollt" schon noch ändere.

Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) geht den direkten Weg und spricht vom "Schutz des Rechtes des ungeborenen Lebens". Und Carmen Schimanek, Frauensprecherin der FPÖ, meint, dass es schon einen "Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gibt – und der heißt Mutter und Vater". Zur Erinnerung: Wir sind noch immer bei derselben Veranstaltung, der Plenardebatte zu den Inhalten des Frauenvolksbegehrens.

Zuhören als Minimum

Den Eindruck, sich verirrt zu haben, verstärkt die Abwesenheit der zuständigen Ministerin. Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß wohnte der Debatte keine Minute bei. Sämtliche Themen betreffen ihr Ressort. Auch wenn es eine ihrer ersten Aussagen als Frauenministerin war, das Frauenvolksbegehren nicht unterschreiben zu wollen, wäre es das Mindeste gewesen, zuzuhören und Interesse zu bekunden. Stattdessen spricht sie bei anderen Gelegenheiten davon, Budgetsicherheit für Frauenberatungsstellen geschaffen zu haben – nachdem das Förderbudget des Frauenministeriums 2018 um 179.000 Euro gekürzt worden war. Für die von Streichungen betroffenen feministischen Vereine ist das eine höchst zynische "Jubelmeldung" aus dem Frauenministerium. Aber wie schon erwähnt: Es gibt unzählige Möglichkeiten zu zeigen, wie egal der Regierung Frauenpolitik ist. (Beate Hausbichler, 12.12.2018)