Die Kommunikationsstrategien der türkis-blauen Bundesregierung sind ein Jahr nach deren Antreten bekannt. So etwa die Strategie des Schweigens, wenn den handelnden Politikern ein Thema unangenehm ist, sowie des Wortlos-darüber-Hinweggehens, wenn es eigentlich konkreter Maßnahmen bedürfte.

Eines dieser Themen ist die Ehe für alle. Seit der Verfassungsgerichtshof das Heiratsverbot für gleichgeschlechtliche Paare im Dezember 2017 aufgehoben hat, blieben der Bundesregierung und den einzelnen Ministerien zwölf Monate Zeit, um dem neuen Rechtsinstitut eine bürger- und behördenfreundliche Form zu verpassen. Das wurde verabsäumt. Statt die nötigen Präzisierungen und Durchführungsbestimmungen oder gar ein eigenes Gesetz zu beschließen, zogen sich Volkspartei und Freiheitliche auf die beleidigt wirkende Position zurück, dass ohnehin kommen werde, was nicht aufzuhalten sei.

Dieses Nichtstun hat inhaltliche Gründe: Die FPÖ lehnt die Öffnung der Ehe für Homosexuelle strikt ab, die ÖVP ist dazu gespalten. Denn ein Teil ihrer Klientel neigt hier eher zur blauen Position. Doch dadurch wurde eine Situation geschaffen, die sich zu einem Fiasko entwickeln kann. Ratlose Standesbeamte, frustrierte Brautpaare, aufmerkende Anwälte: Österreich könnte es tatsächlich schaffen, die per Gerichtserkenntnis errungene Gleichstellung Homosexueller rasch wieder zur Gerichtscausa zu machen. (Irene Brickner, 13.12.2018)