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Foto: ORF/Hans Leitner

Wien – Ein internes Arbeitsprogramm der Regierungsstiftungsräte im ORF soll eine Verkleinerung und Ausgliederung der ORF-Technik vorsehen. Der Fraktionschef der ÖVP-nahen ORF-Stiftungsräte verneint einen so konkreten Plan auf Anfrage. Der Sprecher der SPÖ-nahen Stiftungsräte warnt für den Fall vor: "Das bedeutet Krieg."

Schon für 2018 haben sich die regierungsnahen Stiftungsräte nach STANDARD-Informationen in einem Fünf-Punkte-Programm vorgenommen, die Struktur der ORF-Technik grundlegend zu verändern, sie zu verkleinern und teilweise auszulagern. Stets eine Idee hinter solchen Überlegungen: Tochtergesellschaften könnten auch leichter Dienstleistungen für andere Sender oder Medienunternehmen übernehmen.

"Wäre Zerschlagung des ORF"

"Das wäre die Zerschlagung des ORF", erklärt Heinz Lederer, Sprecher der SPÖ-nahen ORF-Stiftungsräte, auf STANDARD-Anfrage. Die Technik sei eine ureigene Schlüsselqualifikation für ein "hochspezialisiertes Unternehmen wie den ORF", er müsse "in höchster Qualität übertragen – von Opern bis Kitzbühel".

Sparen willkommen

Thomas Zach, Sprecher der ÖVP-nahen, weitaus größten Fraktion im ORF-Stiftungsrat, verneinte vorigen Freitag auf STANDARD-Anfrage ein Fünf-Punkte-Programm mit diesem konkreten Punkt vier über die Verkleinerung und Auslagerung der Technik. Nachsatz: Grundsätzlich aber müsse die ORF-Führung ein Spar- und Strukturprogramm durchführen – 300 Millionen Euro und 300 Jobs weniger binnen fünf Jahren waren Bedingung des Stiftungsrats für die jüngste GIS-Gebührenerhöhung im Frühjahr 2017. Und wo und wie die ORF-Führung die Vorgabe erfülle, sei ihre Aufgabe.

"Handlungsbedarf" in der ORF-Technik

Mehrfach hat Zach in den vergangenen Jahren "Handlungsbedarf" in der ORF-Technik gesehen, um finanzielle Spielräume für das Programm zu schaffen. Er verweist bei solchen Gelegenheiten gern auf Aussagen von ORF-Technikdirektor Michael Götzhaber gegenüber dem STANDARD Ende 2017. Götzhaber sprach damals von "Arbeitsbildern aus den 1960er-Jahren" und kündigte selbst an: "Wir haben in den vergangenen Jahren bereits 24 Prozent des Personals in der Technik eingespart. Und wir müssen, damit der ORF weiter ausgeglichene Ergebnisse erzielen kann, weiterhin vieles hinterfragen."

Rechnungshof verlangte Auslagerung

Handlungsbedarf sieht hier aber auch der Rechnungshof schon eine Weile: 2009 forderten die staatlichen Prüfer etwa "Ausgliederungen in den Produktionsbetrieben Hörfunk und Fernsehen (...), falls eine Strukturänderung, Produktivitätssteigerung und Kostenreduktion im Bereich der Technischen Direktion nicht bzw. nur unzureichend umgesetzt wird", zudem "Ausgliederung des technischen Produktionsbetriebs Ausstattung sowie von Teilen der Informationstechnologie". IT-Aufgaben hat der ORF ausgelagert.

Bürgerliche Technik-Kritik

Am Donnerstag soll der ORF-Stiftungsrat das Budget für 2019 beschließen. Am Montag dieser Woche hat Zach wie berichtet im Finanzausschuss des Stiftungsrats mit der Forderung überrascht, der ORF möge zusätzlich zehn oder mehr Millionen einsparen und für Programm freimachen. Wrabetz dürfte nun am Donnerstag ein Budget vorlegen, das weitere Sparmaßnahmen vorsieht beziehungsweise vorzieht. Unmittelbar davor verlangte Helmut Miernicki, ebenfalls bürgerlicher Vertreter des Landes Niederösterreich, nach STANDARD-Infos im Finanzausschuss am Montag eine weitere Personalreduktion in der ORF-Technik.

Schlag nach bei Grasl

Die Technische Direktion wollte zuletzt der bürgerliche ORF-Generalskandidat Richard Grasl auflösen: Sein Bewerbungskonzept von 2016 sah vor, die Produktionstechnik den Programmdirektionen zuzuordnen. Die Technik ist traditionell eine rote Betriebsratsbastion; der ORF-Betriebsrat stellt fünf bisher auch in Personalfragen gleichermaßen stimmberechtigte Mitglieder im ORF-Stiftungsrat.

Vorbild Zeiler

Doch schon Gerhard Zeiler ordnete die Produktionstechnik als ORF-Chef in den 1990ern dem Programm zu; Zeiler ist Sozialdemokrat und Österreichs international erfolgreichster TV-Manager. Und: Im nächsten ORF-Gesetz dürften die Betriebsräte in einem neuen ORF-Aufsichtsrat Stimmgewicht verlieren. Wie in Aktiengesellschaften soll für die Bestellung eines ORF-Vorstands jedenfalls eine Mehrheit der Kapitalvertreter nötig sein. Die ÖVP ist zudem mit 15 Mandaten derzeit ohnehin weitaus größte Fraktion im Stiftungsrat; Bürgerliche und Freiheitliche kommen auf eine Zweidrittelmehrheit.

ORF-General gegen Ausgliederung

Die Ausgliederung von Teilen der Technik blieb aber auch nach Grasls ORF-Abschied und der Regierungsbildung 2017 Thema bürgerlicher ORF-Politik, bestätigten Menschen mit unmittelbarem Einblick in die Vorgänge dem STANDARD. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz soll demnach neue Strukturen, Abläufe und Personalreduktion in der ORF-Technik verfolgen, aber wenig Sinn in Ausgliederungen sehen und sie bisher ablehnen. Das könnte auch erklären, warum das Thema Ausgliederung nun in den Hintergrund rückt.

Vier von fünf Punkten in Arbeit

Die übrigen vier Punkte des kolportierten Fünf-Punkte-Programms regierungsnaher Stiftungsräte, geplant für das zweite Halbjahr, arbeitet die Geschäftsführung schon ab:

  • "Qualitätsoffensive" – da geht es etwa um strengere Social-Media-Regeln für ORF-Mitarbeiter und schärfere Trennung von Bericht und Kommentar. Am Donnerstag beschäftigt sich der Stiftungsrat wieder mit den Social-Media-Richtlinien, insbesondere am Beispiel eines Tweets von "ZiB 2"-Anchor Armin Wolf. Das Verkehrsministerium erklärte neue Führerschein-Bedingungen mit Hinweisen auf Machenschaften "arabischer Clans", Wolf kommentierte diese Erklärung.
  • Digitalisierung – etwa mit dem Projekt eines neuen, umfassenderen ORF-Players für Bewegtbildabruf online nach dem Muster der BBC.
  • Programmoffensive und -struktur: Die nach der Regierungsbildung im Mai nach einem Jahrzehnt Debatte passend bestellten Channel-Manager und -Chefredakteure für ORF 1 und ORF 2 arbeiten an einer Reihe von Neuerungen.
  • ORF-Gesetz: Der ORF und seine Stiftungsräte haben für das 2019 erwartete neue ORF-Gesetz von ÖVP und FPÖ einige Forderungen und Vorstellungen, etwa ein Ende der Sieben-Tage-Beschränkung für den Abruf von TV-Inhalten oder des Online-Targetingverbots auch für gemeinsame Plattformen von ORF und anderen Medienhäusern (Austria Marketplace).

Kanzler-Show

Mit dem neuen ORF-Gesetz dürfte der ORF einen Vorstand statt des bisherigen Alleingeschäftsführers bekommen. Generaldirektor Wrabetz arbeitet derzeit augenscheinlich daran, diesem Vorstand möglichst als Vorsitzender anzugehören. Darauf deutet etwa die kurzfristig ins Programm gehobenene "Helden von Österreich"-Show hin, in der Bundeskanzler Sebastian Kurz verdiente Mitglieder von Einsatzkräften und Hilfsorganisationen auszeichnet. (fid, 13.12.2018)