Wenn ein Rechtsmittel in den Verdacht eines Brechmittels gerät, dann ist die FPÖ nicht weit. Für ihre Klage gegen die Republik auf Ersatz der finanziellen Mehrausgaben, die ihr durch die nach Schlampereien bei der Stimmenauszählung angesetzte Wiederholung der Bundespräsidentenwahl erwachsen seien, hat sie da und dort Verständnis geerntet, das sich aus dem Unverständnis dafür speist, dass es zu solchen Schlampereien kommen konnte. So weit zu Recht, wenn man die FPÖ an den Maßstäben eines Privatunternehmens statt an denen einer Regierungspartei misst. Unter dem Mäntelchen kaufmännischer Moral wollte ihr Generalsekretär Christian Hafenecker jeden Verdacht der Untreue abwehren, der eben nur per Amtshaftungsklage auszuräumen wäre. Er würde dabei glaubwürdiger wirken, könnte er nachweisen, er hätte auch geklagt, wenn Norbert Hofer die Stichwahl gewonnen hätte – die Unregelmäßigkeiten im ersten Wahlgang wären damit ja nicht aus der Welt gewesen.

Folgt man seiner Argumentation, machte sich der Unterstützungsverein, der damals für Alexander Van der Bellen in die Wahlwiederholung ging, schuldig, wenn er nicht ebenfalls gegen die Republik klagt. Der ist aber, wie der Wahlkampfleiter Lothar Lockl erklärte, schon nach der Stichwahl zu dem Ergebnis gekommen, nicht zu klagen, ohne bisher in irgendeinen Verdacht zu geraten. Das führt zu der Frage: Warum braucht ein gewiefter Parteijurist wie Dieter Böhmdorfer fast auf den Tag genau zwei Jahre, um seine Partei vor einem Verdacht der Untreue, den garantiert niemand erhoben hätte, zu warnen und deren Bundesvorstand dazu zu bringen, sich selbst mit einer Klage zu entlasten. Und wieso überhaupt die Freiheitliche Partei, wo doch damals Hofer persönlich als Kandidat auftrat?

Regressforderung

Wann immer die Freiheitliche Partei versucht, als Moralistentruppe aufzutreten, ist es angebracht, darauf nicht hereinzufallen. Weder gibt es bei der Bundespräsidentenwahl eine Rückerstattung der Wahlkampfkosten, noch hatten die Unregelmäßigkeiten beim ersten Wahlgang Einfluss auf dessen Ergebnis, weshalb es allein die Hoffnung war, Hofer mit viel Geld – 3,4 Millionen – doch noch durchzubringen, die die FPÖ eine Stichwahl erzwingen ließ. Sie hat sich die unnötige Mehrausgabe sehr wohl selbst zuzuschreiben.

Die Glaubwürdigkeit der Maxime "Wahl verloren – Geld zurück" leidet nicht nur an der Verspätung, mit der sie zum Einsatz kam – die Möglichkeit einer solchen Regressforderung wäre übrigens in einem Jahr abgelaufen. Nach all den höchst umstrittenen Aktionen ihrer mitregierenden Protagonisten von Kickl bis Waldhäusl kommt ein Ablenkungsmanöver da sehr gelegen, womöglich ein solches, das die FPÖ als verfolgte Unschuld darstellen soll. Und es ist auch Zeit für einen kleinen Zwischenspurt, der Hofer als ewigen Präsidentschaftskandidaten in Erinnerung hält. Er hat sein Interesse schon angemeldet, und das Amtshaftungsverfahren wird sich lange hinziehen.

Nur recht wäre es, könnte die Republik auf Schadenersatz für alles klagen, was freiheitliche Politiker seit Haiders Zeiten dem Land an materiellen und immateriellen Schäden zugefügt haben. Aber es gibt keine Gerechtigkeit. (Günter Traxler, 13.12.2018)