Erwin Thoma führt ein florierendes Bauunternehmen, es ist die Nummer Eins im Holzbau, seine Arbeiten in aller Welt sorgen für Aufsehen, er ist Autor zum Thema Holz und Wald, er predigt eine nachhaltige Bauweise und Wirtschaft glaubhaft. So einer kann sich aussuchen, wo er auftritt, spricht und philosophiert: Thoma hat sich im Jahr 2017 die "Anti-Zensur-Konferenz" des Schweizer Sektengurus Ivo Sasek ausgesucht. Bei der Veranstaltung sprachen vor Thoma:  Hagen Grell, ein publizistischer Aktivist, der sich für Angelegenheiten der AfD und rechts der AfD stark macht und Heiko Schrang, der in seinen Publikationen schon mal an der deutschen Kriegsschuld zweifelt und behände von der Verschwörung jüdischer Bankiers und der "Illuminaten" auf dem Weg zur Weltherrschaft schwadroniert. Dieses Milieu muss man mögen.

Das Mondholz, ein Geheimnis das Thoma mit allen teilt 

Thoma mag in erster Linie die Bäume und den Wald. „Die geheime Sprache der Bäume“ lautet das Referat und ein Buch Thomas. Der Unternehmer unterhält das Publikum mit der Attitüde des Naturburschen, die etwas gekünstelt wirkt. Die Photosynthese erklärt er dem Publikum, als würde ein Waldbauernbub Märchen vorlesen: "Diese Luft ist die Nahrung des Baumes." Bäume hätten "die größte Lebenserfindung gemacht, die es auf Erden gibt, nämlich: die grüne Farbe."

Foto: AP/Mike Zacchino

Nach einer Stunde kommt Thoma zum Thema: Das Mondholz. Das Holz, das gefällt wird bei abnehmendem Mond. Das Holz, aus dem die besten Violinen der Welt gefertigt würden. Das Holz, das der Borkenkäfer verschmäht. Das Holz, das nicht in Brand gerät. Anekdote reiht sich an Anekdote. Das Holz, das – und das vor allem – ein großes Geheimnis war. Thoma verwebt das Mondholz in seine Familiensaga. Das Geheimnis habe er von seinem Großvater. Damit Geld zu scheffeln, missfällt Thoma. Er schenkt den Menschen da draußen das Geheimnis in einem Buch. Es wird ein Bestseller, aber der Prophet zählt nicht viel im eigenen Wald. Die Kräfte der Dunkelheit zeigen ihr Wesen. Die Chemieindustrie und die Spanplattenindustrie wären erzürnt. Die hätten Thoma zu verstehen gegeben: "Wenn du Hundertausend Bücher verkaufst, kommen die Leute zu uns und beginnen danach zu fragen. Das passt uns nicht". Die in die Mondumlaufbahn gedrängte Industrie reagiert laut Thoma – jetzt können wir es verraten – mit Studien gegen das Wissen von Thomas Opa.

Die Wissenschaft sieht das unaufgeregt

Die Wissenschaft analysiert den Holzmythos rund um den Erdtrabanten recht unaufgeregt. Das Institut für Forstnutzung und Forsttechnik der TU Dresden empfiehlt weitere Forschung zum Thema Mondholz, fordert aber wissenschaftliche Standards und beklagt "die Ignoranz, mit der den vielfachen Beweisen eines fehlenden Zusammenhanges zwischen Fällzeit und Holzqualität" entgegengebracht wird. Auch darauf weist das Institut hin: "Mythen und Geschichten bedürfen keines Wahrheitsanspruches. Kulturelle Identität – und solche stiftet offensichtlich 'Mondphasenholz' – wird zu einem Selbstläufer modernen Marketings." Die Preise für Mondholz liegen um gut 30 Prozent über jenem phasenignoranter Fällung.   

Der Schweizer Forscher Ernst Zürcher stellt in seinem Buch "Die Bäume und das Unsichtbare" fest, dass die feststellbaren Unterschiede im Zusammenhang mit Mondphasen viel schwächer sind als jene Unterschiede, die auf den Standort und die Art der Waldbewirtschaftung zurückzuführen sind. 

Der Astrophysiker Stefan Uttenthaler von der Universität Wien hat sich mit den Mythen rund um den Einfluss des Mondes intensiv befasst. Seine Antwort auf die Frage "Beeinflusst uns der Mond?" ist unromantisch lapidar: "Sehr wahrscheinlich nicht." (Christian Kreil, 16.12.2018)

Leuchtende Augen-Faktor: ★★★★★

Umtauschgefahr-Faktor: ★☆☆☆☆

Den Beschenkten verärgern-Faktor: ★★☆☆☆

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