Die Regierung bringt viel Kraft auf, um den Wirtschaftsstandort auf Vordermann zu bringen. Bereits mehrere Initiativen zeugen von ihrem Willen, Unternehmensgründungen zu erleichtern, Investitionen zu fördern, Bürokratie abzubauen und Steuern zu senken. Sebastian Kurz und seine Mannschaft verbessern die Rahmenbedingungen, wie man so schön sagt.

Keine schlechte Sache. Wo liegt also das Problem? Gar nicht so sehr im grundsätzlichen Ansinnen, sondern in der Ausführung. In den letzten Wochen und Monaten häuften sich die Regierungsvorhaben, bei denen noch rasch ökologischer Schadstoff oder rechtspolitische Giftpillen beigemischt wurden.

Jüngster Fall, bei dem die Koalition vor dem Beschluss im Parlament eine schnelle "Korrektur" vornahm: Ein Standortanwalt soll sich künftig bei großen Infrastrukturprojekten einbringen. Die Unternehmensvertreter jubeln. Kein Wunder, wird diese Position doch von der Wirtschaftskammer bestückt. Der Standortanwalt schlüpft dann bei wichtigen Vorhaben – als Beispiele können Flughäfen, Tunnel und Kraftwerke dienen – in die Rolle des Sachverständigen. Ausgerechnet die Wirtschaftskammer wird dann darüber befinden, was im öffentlichen Interesse steht. Da drängt sich der Vergleich mit dem Hund auf, der auf die Wurst aufpassen soll.

Der Fall zeigt den schmalen Grat zwischen wirtschaftsfreundlicher und interessengeleiteter Politik nur zu gut auf. Die Regierung hat gute Gründe, wenn sie wichtige Infrastrukturvorhaben vorantreiben will. Im Wettbewerb der Standorte kann es sich eine kleine Volkswirtschaft nicht leisten, zukunftsrelevante Projekte über viele Jahre hindurch von der Behörde zu den Instanzen und zurückzuschicken. Doch zwischen der richtigen Analyse und den notwendigen Maßnahmen lauern viele Fallen. Die Regierung lässt wenige aus.

Schon ein erster Versuch für die Beschleunigung großer Infrastrukturverfahren strotzte vor offensichtlichen Verfassungsverletzungen. Der wurde dann zwar eingemottet, doch im letzten Moment erhielt die grosso modo akzeptable Neufassung wieder einen hässlichen Anstrich. Neu ist diese Devise nicht. Schon bei der Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfung bewies die Koalition, dass sie bei heiklen Themen gern den demokratiepolitischen Hammer auspackt. Kleine Nichtregierungsorganisationen werden aus Umweltverfahren verbannt, die Vereine müssen überdies ihre Mitglieder nennen. Dieser kritische Punkt war freilich nicht im Begutachtungsentwurf enthalten, sondern wurde über Nacht von ÖVP-FPÖ-Abgeordneten per Abänderungsantrag eingeschleust.

Anderes Thema, gleiches Prinzip: das Arbeitszeitgesetz, das ohne Begutachtung durchgepeitscht wurde. Und dessen Inkrafttreten auf den letzten Drücker noch deutlich vorverlegt wurde. Die Hintergründe dieser Strategie liegen auf der Hand. Mit dem Bulldozer lassen sich Stolpersteine leicht plattmachen. Doch nur weil der Weg geebnet ist, müssen die Lösungen nicht die richtigen sein. Gut Ding braucht manchmal auch Weile.

Der Bundeskanzler war es, der bei seiner Ansprache zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik meinte: "Eine Demokratie hält unterschiedliche Meinungen aus, aber nur solange sie respektvoll diskutiert werden." Er sollte sich beim Wort nehmen. Anliegen zu erklären und die Gegenseite zu überzeugen taugt mehr als die Brechstange. (Andreas Schnauder, 13.12.2018)