Am 12.12. hat sich das Buwog-Verfahren zum ersten Mal gejährt. Ein Ende ist einstweilen noch nicht in Sicht.

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Man könnte sagen: Es gibt eine neue Sprache. Herausgebildet hat sich die innerhalb eines Jahres, konkret in 68 Verhandlungstagen zur Causa Buwog bzw. Telekom. Der größte Korruptionsprozess der Zweiten Republik gegen Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser, die Exlobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger und andere, hat am 12. Dezember 2017 begonnen. Heute verstehen einander Richterin Marion Hohenecker, die Angeklagten (für die die Unschuldsvermutung gilt) und ihre Verteidiger quasi blind. Sprachlich gesehen.

Jeder weiß, was "Liquiditätsreserve" der Telekom bedeutet (die Staatsanwaltschaft sagt "schwarze Kassen" dazu), was ein "heißes und kaltes Netzwerk" ist. Laut Meischberger bringt das eine gute Connections, das andere ist quasi der folgenlose Austausch von Visitenkarten. Auch "taktische Aussagen" kann jeder im Gerichtssaal übersetzen. Meischberger versteht darunter solche Aussagen, die er in den Ermittlungen gemacht, vor Gericht aber nicht mehr aufrechterhalten hat.

Keine rauchenden Pistolen

Abseits der Sprache sind die Angeklagten im ersten Verhandlungsjahr aber nicht zusammengerückt. Der Hauptangeklagte Grasser bestreitet, Korruptionszahlungen angenommen zu haben, sein Trauzeuge Meischberger bestreitet, dass Teile der Provisionszahlung für die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften an den Minister flossen. Rauchende Pistole ist keine aufgetaucht – allerdings hat Hochegger seine einstigen Geschäftsfreunde schwer belastet. Er sagt ja in seinem Teilgeständnis, eines der drei Liechtensteiner Konten, auf dem die fast zehn Millionen Euro schwere Provision gelandet ist, sei Grasser, eines Immobilienmakler Ernst Plech zuzurechnen. Was die bestreiten. Die schillernden Schilderungen Grassers, warum er oft und viel Bargeld einzahlte, sorgten im Saal jedenfalls für eins: für spitze Ohren. Das Geld sei aus Rückzahlungen seiner Frau Fiona für die Hälfte der von ihm getragenen Hochzeitskosten gekommen, erklärte er etwa. Oder, weil er liquiditätsmäßig für sie einspringen habe müssen, wenn ihre Kreditkarte wieder einmal versagte.

In der Subcausa Telekom/Parteienfinanzierung, in der bislang elf Tage lang verhandelt wurde, treten vergleichsweise starke Bruchlinien zutage. Der frühere Festnetzchef der Telekom Austria (TA), Rudolf Fischer, hat vor Gericht zu etlichen Vorwürfen Geständnisse abgelegt. So sagte er etwa aus, Extechnologieminister Mathias Reichhold (FPÖ) habe kassiert, ohne Leistung. Auch Zahlungen an die ÖVP unter Wilhelm Molterer (80.000 Euro für den Jugendwahlkampf, 20.000 nach Tirol) sollen ohne Gegenleistung bezahlt worden sein, das gestand Hochegger ein.

Schärfere Konturen könnte das Beweisverfahren bringen. Das beginnt aber erst nächstes Jahr. Ein Rückblick in Zitaten. (Renate Graber, Nora Laufer, 16.12.2018)

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Dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) wird Untreue, Fälschung von Beweismitteln und Geschenkannahme durch Beamte vorgeworfen. Er kritisiert die Staatsanwaltschaft scharf und spricht von einer "medialen Vorveurteilung". Grasser bekennt sich nicht schuldig.

"Die Staatsanwaltschaft hat mich zum Harry Potter der Privatisierung gemacht." (Grasser zu den – seiner Meinung nach einseitig geführten – Ermittlungen.)

"Ein Bundesminister für Finanzen ist ein Politiker und kein Experte." (Der Angeklagte erklärt seine Tätigkeit als Minister. Er habe zwei Chefs gehabt: den Bundeskanzler und den Parteiobmann.)

"Der Verkauf der Buwog war objektiv, transparent, und die politischen Ziele wurden erreicht." (Grasser meint, der Deal sei "supersauber" gelaufen.)

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Der ehemalige Politiker (FPÖ) und Lobbyist Walter Meischberger beteuert sowohl in der Causa Buwog als auch im Telekom-Valora-Verfahren seine Unschuld. Nach Angaben des Grasser-Trauzeugen gab es keinen "Tatplan".

"Kein kopfgesunder Mensch will ins Gefängnis." (Meischberger begründet das Teilgeständnis seines Expartners Hochegger.)

"Wer zahlt, möchte was bekommen." (Meischberger erklärt die Kultur in staatsnahen Unternehmen.)

"Ich war im Zentrum und der Broker eines wirkmächtigen heißen Netzwerks." (Die Eigenjobbeschreibung des Zweitangeklagten.)

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Der teilgeständige Exlobbyist Peter Hochegger erfuhr nach eigenen Angaben im Gefängnis Läuterung. Er belastet Grasser, Meischberger und den Drittangeklagten Ernst Plech schwer.

"Wer zu Grasser Zugang wollte, musste über Meischberger gehen." (Hochegger im Telekom-Prozess über die Verbindung zwischen Politik und Wirtschaft.)

"Ich habe in einem Korruptionsbiotop als Schlüsselrolle mitgewirkt." (Bei den Zahlungen der Telekom an ÖVP, FPÖ und SPÖ wurde viel verschleiert, meint der Angeklagte.)

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Der Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer hat ein Teilgeständnis abgelegt. Er gibt u. a. zu, Zahlungen an einen mitangeklagten früheren Beamten und schwarzen Personalvertreter veranlasst zu haben, obwohl er wusste, dass er damit gegen das Beamtendienstrecht verstoßen hat.

"Entweder Sie spielen mit und versuchen, das Beste für das Unternehmen herauszuholen, oder Sie sagen Nein, und niemand interessiert sich mehr für Sie." (Die Telekom hat die Politik gebraucht, meint Fischer. Als Unternehmen habe man dabei nur diese zwei Optionen.)

"Wenn wir von Parteienfinanzierung reden: Das war und ist in Österreich leider gang und gäbe." (Fischer gab Einblicke in Telekom-Geldflüsse und politische Landschaftspflege.)

"Ich habe keinen einzigen Politiker bestochen, der aktiv war." (Die Politik profitierte von der Telekom, der Exmanager differenziert.)

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Der Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki bekennt sich nicht schuldig. Er sieht sich durch Grasser ins Verfahren hineingezogen. Der Angeklagte gab während des Prozesses Einblicke in die Finanzverhältnisse der Familie Grasser/Swarovski. Foto: APA

"Die Mutter hat stets für die Tochter bezahlt." (Wicki über Grassers Frau Fiona. Sie soll immer mehr Geld ausgegeben haben, als sie zur Verfügung hatte, meint der Angeklagte.)

"Jeder ist auf jeden böse, seitdem das losgegangen ist." (Nach dem Auffliegen der Buwog-Affäre ging es im inneren Kreis rund, meint Wicki.)