Kristina Hänel: "Ich helfe den Frauen."

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Legt die deutsche Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vor, dann interessiert man sich natürlich für die Reaktionen von Opposition, Verbänden oder anderen Gruppierungen. Bei der Reform des Paragrafen 219a im deutschen Strafgesetzbuch wollten viele vor allem eines wissen: Was sagt Kristina Hänel zu dem Vorschlag?

Denn der Paragraf 219a behandelt das "Werbeverbot" für Abtreibungen, und dass er reformiert wird, ist der Ärztin aus dem hessischen Gießen zu verdanken. Sie war 2017 zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden, weil sie auf ihrer Website auf die Möglichkeit eines Abbruches hingewiesen hatte. Das ist nach geltendem Recht verboten. Hänel hielt es für normal. "Ich helfe den Frauen", sagt sie.

Die 62-jährige Ärztin hat zwei erwachsene Kinder, die sie allein aufzog. Nach dem Medizinstudium arbeitete Hänel bei Pro Familia, später in einer Klinik in den Niederlanden, 2001 eröffnete sie ihre eigene Praxis für Allgemeinmedizin. Immer schon war es ihr ein Anliegen, dass sich Frauen über Abtreibungen informieren und den Eingriff dann auch durchführen lassen können.

Ihre Kinder litten in den Achtzigerjahren darunter, Hänel bekam damals schon viele Drohbriefe und Drohanrufe, schließlich ließ sie ihre Nummer aus dem Telefonbuch streichen.

Aber es gibt auch viele, die hinter ihr stehen, erst recht seit dem Urteil. 150.000 Menschen haben jene Petition unterschrieben, die Hänel dem Bundestag übergeben hat. Den Anne-Klein-Frauenpreis 2019 erhält sie für "ihre beharrliche Verteidigung des Informationsrechts von Frauen".

Die Verurteilung hat sie geschmerzt, nicht des Geldes wegen. Kurz sorgte sie sich sogar um ihre Approbation. Dann kam ihr der Gedanke, sie könne ja zur Not noch Reitlehrerin werden. Hänel hat einen Reiterhof, dort bietet sie Therapie für missbrauchte Kinder an, auch den Verein Wildwasser zur Beratung von Missbrauchsopfern hat sie mitbegründet.

Sie selbst ist Dressurreiterin, in ihrer Freizeit macht sie Klezmer-Musik und tritt auch bei Gedenkveranstaltungen zur Shoah auf.

Und was sagt sie nun zum Koalitionskompromiss, der vorsieht, das Verbot für "Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche nicht abzuschaffen, sondern stattdessen eine Liste mit Ärzten ins Internet zu stellen? Hänels Antwort überrascht nicht: "Das ist eine Nullnummer, weil Ärzte nicht frei informieren dürfen." (Birgit Baumann, 14.12.2018)