Genot Blümel, seit einem Jahr und einem Tag in seinem Amt als EU-Minister, verteidigt den "Paradigmenwechsel".

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Wien – Konservative und liberale Europa-Politiker haben laut einer Vorausmeldung des Nachrichtenmagazins "profil" in Interviews massive Kritik an der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geäußert. Die Kritik entzündete sich besonders am Ausstieg Österreichs aus dem UN-Migrationspakt während des Vorsitzes.

"Schande", "darf man nicht" und "wird nicht verstanden"

"Es ist eine Schande, dass sich Kurz von der extremen Rechten dazu bringen ließ, sich von diesem Pakt zurückzuziehen. Dieser engstirnige Egoismus hat die Position der EU geschwächt", sagte der Chef der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt.

Der CDU-Abgeordnete im europäischen Parlament, Elmar Brok, ergänzte: "Das darf eine EU-Ratspräsidentschaft nicht."

Und der frühere EU-Agrarkommissar Franz Fischler (ÖVP) meinte, "das sei im Rest der Welt nicht verstanden" worden.

Alle drei waren sich den Angaben zufolge einig, dass Österreich andere Länder zum Ausstieg aus dem Migrationspakt motiviert habe.

Blümel lobt Dominoeffekt

"Wenn es einen Dominoeffekt gab, zeigt dies, dass wir richtig lagen", verteidigte EU-Minister Gernot Blümel (ÖVP) das Vorgehen. Er sprach von einem "Paradigmenwechsel" bei der EU-Migrationspolitik und lobte auch die Bewegung, die in die EU-Erweiterung gekommen sei.

"Das genügt nicht", meinte Fischler, dem die "emotionsgeladene Politik" von Kurz generell missfällt. "Die Migrationsfrage wurde viel zu hoch gespielt. Aber es blieb bei Ansagen." Wäre dieselbe Energie auf Klimaschutz und die EU-Erweiterung am Balkan verwendet worden, "wären wir weiter".

Verhofstadt wiederum sieht bei der Steuerung der Zuwanderung und beim EU-Grenzschutz eine verpasste Chance: "Herr Kurz hätte die europäische Karte spielen sollen: Er hätte dabei auf das Europäische Parlament zählen können, aber er hat diese Chance versäumt." (APA, 15.12.2018)