Ein historischer Moment, ein Meilenstein, ein Tag für die Geschichtsbücher sei gelungen. Michal Kurtyka, der Präsident der 24. Klimakonferenz in Polen, sprang Samstagnacht sogar vor lauter Freude über den Tisch im Plenarsaal. Nur, die Schlagzeilen unterm Jahr möchten so gar nicht zu dem Jubel passen, der immer nach Klimakonferenzen aufseiten der Verhandler losbricht.

Auch diesmal wird ein Fortschritt gefeiert. Ein Regelwerk soll die Umsetzung der Pariser Klimaschutzziele garantieren. Endlich gibt es diese strikten Regeln, an die sich auch die größten Verschmutzer wie China, Indien, die USA oder Russland halten sollten. Immerhin. Denn bei Klimagipfeln verhandeln reiche Ölstaaten mit armen Entwicklungsländern. Am Ende muss der Beschluss einstimmig gefasst werden.

Dennoch werden die Stimmen immer lauter, die fragen, was ein Format wie ein Klimagipfel überhaupt noch bringt. Seit der ersten Klimakonferenz sind die Emissionen weltweit um ein Drittel gestiegen. Staaten sind bei der Umsetzung ihrer Klimapolitik apathisch bis ignorant. Stattdessen wird die Angst vor Wirtschaftseinbußen und persönlichem Verzicht geschürt. Diese Ablehnung spiegelt sich auf gesellschaftlicher Ebene wider: Maßnahmen wie der Verzicht auf Autos, unnötige Flugreisen oder Fleisch werden ins Lächerliche gezogen.

Diese Einigung in Kattowitz über technische Fragen allein spart also kein Gramm CO2 ein und bremst damit diese verheerenden Entwicklungen nicht ein. Die fossilen Industrien und jene Staaten, die auf diesem Wirtschaftsmodell beruhen, sträuben sich weiterhin erfolgreich dagegen, sich von Kohle, Öl und Gas abzuwenden.

Von Vermittlern zu Blockierern

Die Einigung auf das Regelwerk hilft auch vorerst noch nicht den ärmsten Ländern, die meist schon heute extrem unter den Folgen des Klimawandels leiden. Schwierige Fragen wie die Erhöhung der nationalen Anstrengungen und die Bereitstellung finanzieller Mittel für Entwicklungsländer wurden auf die kommenden Jahre verschoben.

Ein weiterer Rückschritt ist, dass sich Länder, auf die in den vergangenen Jahren als Vermittler auf Klimakonferenzen Verlass war, heuer zu Blockierern entwickelten. Brasilien war zum Beispiel in der Vergangenheit ein zuverlässiger Unterstützer der jährlichen Gespräche: Es hatte sowohl mit Industrie- als auch mit Entwicklungsländern eine Basis. Doch schon vor Beginn der Gespräche sorgte die Wahl des künftigen Präsidenten Jair Bolsonaro bei Klimaexperten und politischen Verhandlern für Sorgenfalten. Diese Ängste waren nicht unbegründet. Brasilien blockierte am Schluss so lange, dass schon ein Platzen des Klimagipfels befürchtet wurde.

Aber aufgeben ist keine Option. Noch ist Zeit zu handeln. Die Aktionen der Nationalstaaten nach den Klimagipfeln sind aber zu schwach. Einmal im Jahr sich selbst zu beklatschen ist zu wenig. Politische Entscheidungsträger müssen durch ihre Taten zeigen, dass sie den Klimaschutz auch wollen. Sie müssen den Kampf gegen den Klimawandel zudem positiver besetzen. Dazu gehört eine klare Kommunikation dahingehend, was er den Menschen bringt. Was viel zu selten betont wird: Der notwendige Wandel ist eine Chance. Die Luft könnte klarer, der Lebensstil entspannter und gesünder, Wohnungen könnten behaglicher werden. Unternehmen könnten effizienter arbeiten, neue Wirtschaftszweige boomen. Und letztlich wäre es ein Verbrechen, den Kindern ihre Zukunft zu stehlen. (Julia Schilly, 17.12.2018)