Die Geschichte rund um das Lied beginnt zwei Jahre früher: Der 1792 in Salzburg geborene Geistliche Joseph Mohr schrieb 1816 während seiner Zeit als Kaplan in Mariapfarr im Salzburger Lungau den Text. 1818 traf er nach seiner Versetzung nach Oberndorf Franz Xaver Gruber, der neben seiner Tätigkeit als Lehrer und Mesner in Arnsdorf auch den Organistendienst an der Kirche zu St. Nikolaus in Oberndorf versah. Mohr übergab Gruber seinen Text, der ihn in Musik setzte.

Diese erste Fassung des Liedes für zwei Singstimmen mit Gitarrenbegleitung gelangte am 24. Dezember 1818 in Oberndorf zur Uraufführung. Gruber sang dabei die tiefe Stimme, Mohr die hohe und begleitete auf der Gitarre. Die immer wieder tradierte Behauptung, ein Defekt an der Orgel von Oberndorf habe zur Entstehung des Liedes geführt, ist dabei jedoch vermutlich ins Reich der Legenden zu verweisen.

Handschriftliche Fassung von "Stille Nacht" aus der Feder von Franz Xaver Gruber aus dem Jahr 1860.
Foto: Salzburg Museum

Zunächst lokale Verbreitung

"Stille Nacht" verbreitete sich in der Folge zu Lebzeiten der beiden Autoren zunächst vor allem im salzburgisch-oberösterreichischen Grenzgebiet und es erging ihm wie vielen anderen Liedern: Leichte Änderungen an Text und Melodie gingen mit der Tatsache einher, dass die Schöpfer in Vergessenheit gerieten und das Lied sukzessive zum "Volkslied" mutierte. Erst 1854 schrieb Gruber in Beantwortung einer Anfrage der königlichen Hofkapelle zu Berlin die Entstehungsgeschichte des Liedes nieder und hielt seine und Mohrs Autorenschaft fest.

Vom Lied selbst fertigte Gruber in den Jahren nach 1818 noch mehrere alternative Fassungen an, wobei sich vor allem die Begleitung änderte. Zu erwähnen ist neben einem Arrangement für ein größeres Orchester aus dem Jahr 1836 ("Halleiner Fassung") auch eines für ein kleineres Ensemble (Streichtrio und Hörner), das Gruber um 1845 für seinen Freund Johann Georg Pinzger erstellte.

An Stelle der ehemaligen Kirche zu St. Nikolaus in Oberndorf, in der am 24. Dezember 1818 erstmals das Lied "Stille Nacht" erklang, wurde 1924-1936 die Stille-Nacht-Kapelle errichtet."
Foto: APA/AFP/JOE KLAMAR

Vom Zillertal in die USA zum Unesco-Erbe

Über den Orgelbauer Carl Mauracher gelangte das Lied zu Beginn der 1820er-Jahre ins Tiroler Zillertal, wo es die Sängerfamilien Rainer und Strasser kennenlernten. Diese tourten bald als sogenannte Tiroler Nationalsänger durch Europa und Amerika. Dabei hatten sie "Stille Nacht" in ihrem Repertoire, das auf diese Weise eine internationale Verbreitung und Rezeption erfuhr. 1833 erschien das Lied in der kleinen Sammlung "Vier ächte Tyroler-Lieder" bei Robert A. Friese in Dresden erstmals im Druck.

Die aus dem böhmischen Lieben stammende Opernsängerin Ernestine Schumann-Heink (1861-1936) sang "Stille Nacht" (in Deutsch und Englisch) ab Mitte der 1920er-Jahre regelmäßig im amerikanischen Rundfunk, was der Popularisierung einen zusätzlichen Schub verlieh. Im Jahr 2011 wurde es von der Unesco als immaterielles Kulturerbe in Österreich anerkannt.

Karte zum 100-jährigen Jubiläum von "Stille Nacht".
Foto: Public Domain

One-Hit-Wonder

Textautor Mohr war bis zu seinem Tod in Wagrain im Jahr 1848 in verschiedenen Salzburger Pfarren als Seelsorger tätig. Zwar dürfte er auch andere Gedichte, Gebete und Texte verfasst haben, ein solch großer Wurf wie mit "Stille Nacht" gelang ihm jedoch kein weiteres Mal.

Gruber, von 1835 bis zu seinem Ableben im Jahr 1867 Chorregent an der Stadtpfarrkirche Hallein, hinterließ zwar ein umfangreiches musikalisches Oeuvre (an die 200 Nummern), aber auch ihm gelang kein zweites "Stille Nacht". (Christian K. Fastl, Monika Kornberger, 22.12.2018)