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Baut Architekturen aus Klang: Bernhard Leitner.

Foto: Vittorio Zunino Celotto/Getty Images for Prada

Aus einem ungewöhnlichen Baumaterial schafft der österreichische Künstler Bernhard Leitner Architektur. Nicht Beton, Holz oder Glas verwendet er, sondern: Klänge. Wie das geht? Man stelle sich einen Raum vor, dessen Wände mit Lautsprechern besetzt sind. Je nachdem, in welcher Kombination und Abfolge sie ertönen, entstehen nicht nur enge oder weite, sondern sogar pulsierende oder pendelnde Umgebungen.

Erleben kann man eine Installation Leitners, der am Mittwoch seinen 80. Geburtstag feiert, noch bis Freitag in der Salzburger Kollegienkirche: Unter dem Titel Klangachsen bespielt er dort die hochaufragende Vertikale zwischen Kuppel und Bodenmosaik. Als mythische Verbindungslinie zwischen Himmel und Erde dachte sich der Architekt Johann Fischer von Erlach diese imaginäre Säule. Leitners meditative Arbeit, die 2015 schon einmal am selben Ort zu erleben war, vermisst diese Achse mit sanften Sounds, die zwischen zwei Lautsprechern aufsteigen und absinken.

Wie Klänge auf den Körper wirken

Tatsächlich eignet sich Leitners Klangkunst trefflich zur Reflexion spiritueller respektive anthropologischer Aspekte. Seine Arbeit geht nicht zuletzt auf eine intensive Beschäftigung mit der Beziehung von Architektur, Kunst, Tanz und Musik zurück, die er in den 1970er-Jahren in New York betrieb. Eine wichtige Frage dieses Sound-Bildhauers ist nicht nur, wie Klänge einen Raum definieren können, sondern auch, wie sie auf den Körper der Zuhörer wirken.

Bernhard Leitner

1975 ersann Leitner den Ton-Anzug. Dessen Träger hat sowohl auf dem Rücken als auch auf der Brust einen Lautsprecher. Die "Klangachse" führt hier quasi mitten durch den Körper. Wandert der Sound von hinten nach vorne, fand Leitner heraus, stelle sich ein Gefühl des Geschobenwerdens ein, umgekehrt fühle man sich zurückgehalten.

Auf den Schauplatz abgestimmt

Ausgehend von derlei Versuchsanordnungen zur Formbarkeit der Welt durch Akustisches entwickelte Leitner seine Klangarchitekturen, etwa jenen Ton-Würfel, den er 1982 auf der Documenta zeigte. Viele Installationen schuf er auch für den öffentlichen Raum, zum Beispiel Cylindre sonore 1987 im Pariser Parc de la Villette. Wesentlich ist stets auch die Frage, welche Klangeigenschaften Räume mitbringen. Seine ephemeren Architekturen des Nichtgreifbaren stimmt Leitner penibel auf den Schauplatz ab. Denn ja, natürlich: Wer Klangräume fühlen will, muss hören können. (Roman Gerold, 19.12.2018)