Omar al-Bashir (rechts) bei Bashar al-Assad in Damaskus: Wird der sudanesische Präsident vorgeschickt, um den Syrer aus der arabischen Isolation zu holen?

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Bashar al-Assad hatte einen erfreulichen Wochenbeginn. In den vergangenen Tagen gab es politisch bedeutsame Signale an den syrischen Machthaber, der im vergangenen Jahr nach sieben Jahren Krieg seine Kontrolle in Syrien wieder konsolidiert hat: Am Sonntag kam mit dem sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir erstmals wieder ein arabischer Staatschef auf Staatsbesuch nach Damaskus. Am Montag stellte der US-Sonderbeauftragte für Syrien, James Jeffrey, in Washington klar, dass die USA nicht versuchen würden, "Assad loszuwerden": Man wolle keinen "regime change", sondern ein "fundamental anderes Regime". Präsident Barack Obamas 2011 erstmals formuliertes "Assad must go" ist damit tot und begraben.

Allerdings war die Aussage Jeffreys sozusagen negativ verpackt: Westliche Regierungen, so der US-Diplomat, seien nicht bereit, Geld für den Wiederaufbau Syriens bereitzustellen, bevor nicht klar sei, dass das syrische Regime zu Kompromissen bereit sei. Aber man kann das auch anders lesen: Ab jetzt sollen die Bedingungen für einen Neustart geschaffen werden.

Dass sich am Dienstag Russland, die Türkei und der Iran nicht wie üblich in Astana, sondern in Genf trafen – dem Ort, an dem normalerweise explizit auf Uno-Ebene gesprochen wird -, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls aussagekräftig. Bei dem Treffen in Genf, dem letzten Termin für den scheidenden Uno-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, ging es um die Zusammensetzung eines Verfassungskomitees, das eine neue Verfassung für Syrien erarbeiten soll: Fünfzig Personen bestimmte das Assad-Regime und fünfzig die Opposition, aber die Einigung über die Zusammensetzung der Gruppe der dritten fünfzig – möglichst unabhängige Persönlichkeiten – war schwierig. Am späten Dienstagnachmittag wurde in Genf der Durchbruch in dieser Frage verkündet, das Komitee soll bald nach Jahresbeginn 2019 erstmals tagen.

Langsame Normalisierung

Der Besuch Omar al-Bashirs war ein Fest für die syrischen Staatsmedien, aber auch für die iranischen: Die Araber hätten sich endgültig mit einem Verbleib Assads abgefunden, wurde kommentiert. Schon will die Gerüchteküche wissen, dass die Suspendierung der Mitgliedschaft Syriens in der Arabischen Liga vom November 2011 aufgehoben werden und Botschaften wiedereröffnet werden sollen. Im Jänner gibt es in Beirut einen arabischen Wirtschaftsgipfel, auch da soll Syrien Thema sein.

Auf die Frage, warum ausgerechnet Omar al-Bashir vorgeschickt werde, antwortet ein arabischer Diplomat dem STANDARD mit einem einfachen "Wer, wenn nicht er?". Gegen Omar al-Bashir gibt es wegen des Darfur-Konflikts Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC), diese machen ihn aber nur im Westen zum Outcast. Mit Assad sitzt ihm jemand gegenüber, dem noch größere Verbrechen vorgeworfen werden. Aber das spielt in diesem Zusammenhang ohnehin keine Rolle.

Bashir flog in einem russischen Flugzeug nach Damaskus. Das Interesse Russlands an einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Damaskus und den Arabern liegt auf der Hand. Moskau engagiert sich aber insgesamt mehr in der Region, auch im Sudan.

Gewünschter Seitenwechsel

Es ist auch davon auszugehen, dass Omar al-Bashir in Absprache mit Saudi-Arabien fuhr. Er hat in der jüngsten Zeit genau den Seitenwechsel vollzogen, den Riad auch von Bashar al-Assad will: Bashir hat die zuvor im Sudan einflussreichen Iraner hinausgeworfen und sich den Arabern zugewandt. Sudan stellt auch Truppen für die saudisch geführte Allianz gegen die Huthis im Jemen-Krieg. Dadurch haben sich auch die sudanesischen Beziehungen zu den USA, die 2017 einige Sanktionen gegen Khartum fallenließen, verbessert. Bashir hat aber auch noch immer einen guten Draht zur Türkei, wo ja ebenfalls ein Kurswechsel bezüglich der Zukunft Assads im Gange ist: Laut Außenminister Mevlüt Çavusoglu habe Ankara gegen einen "demokratisch gewählten" Assad nichts einzuwenden.

Einige arabische Staaten wollten die saudische "regime change"-Politik in Syrien nie voll mittragen. Dazu gehören neben Algerien aus innenpolitischen Gründen der Irak und der Libanon. Auch Bashir, wohl schon aufgrund seiner eigenen Situation, stand nie an der vordersten Anti-Assad-Front. Für Ägypten unter Abdelfattah al-Sisi hatte jedoch ebenfalls stets die "Terrorismusbekämpfung" Vorrang. Die geheimdienstliche Zusammenarbeit zwischen Syrien und Ägypten ist ein offenes Geheimnis – wobei auf dieser Ebene Kontakte etlicher anderer Staaten, auch westlicher, zu Damaskus stattgefunden haben sollen.
(Gudrun Harrer, 19.12.2018)