Bild nicht mehr verfügbar.

Charles Michel kündigte am Dienstag seinen Rücktritt an.

Foto: Reuters

Brüssel – Rücktritt der Regierung, aber keine vorgezogenen Neuwahlen, weil der reguläre Termin für Europa- und Regionalwahlen im Mai vor der Tür steht: So sieht die Ausgangslage der belgischen Innenpolitik am Tag eins nach der Ankündigung des Rücktritts von Premierminister Charles Michel aus. Der Chef der liberalen Partei im südlichen Landesteil, der Wallonie, hat diesen Schritt Dienstagabend gesetzt, König Philippe wacht nun gemäß der Verfassung über die Regierungsbildung.

Er führte bereits Gespräche mit der Chefin der flämischen Grünen, Meyrem Almaci und will am Donnerstag noch mit Vertretern der wallonischen Grünen, der flämischen Sozialdemokraten, der flämischen Christdemokraten sowie des liberalen Mouvement Reformateur zusammentreffen.

Übergangsregierung geplant

Michel spricht sich gegen rasche Neuwahlen aus und will bis Mai eine Übergangsregierung anführen. Beim zweiten von bisher drei Koalitionspartnern ist es genau umgekehrt. Die Neu-flämische Allianz (N-VA) hat das Bündnis mit Michels Reformbewegung (MR) und den flämischen Christdemokraten vor zehn Tagen platzen lassen.

Anlass war der Streit über den UN-Migrationspakt, den die N-VA ablehnte, Michel aber mithilfe der Oppositionsparteien im Parlament per Resolution bestätigen ließ. Die Grünen und die Sozialdemokraten dankten ihm das mit der Ankündigung eines Misstrauensantrags, weshalb Michel nun die Notbremse zog.

Liberale verlieren laut Umfragen

Der Wahlkampf hatte zuvor im Stillen längst begonnen. Denn die Liberalen in der Wallonie verlieren laut Umfragen bei der nächsten Wahl klar, Michel wäre vermutlich weg. Die N-VA würde im Nordteil des Landes Federn lassen, aber deutlich weniger: Sie wäre demnach mit zehn Prozentpunkten Vorsprung auf Platz eins.

Gewinner bei Neuwahlen wären die Grünen und die Linkspartei, die vor allem auf Kosten der Sozialdemokraten zulegen würden: Letzteren droht ein Debakel, in allen drei Regionen landesweit ein Minus von acht Prozentpunkten. (Thomas Mayer aus Brüssel, 19.12.2018)