Täglich gibt es in London Brexit-Demos.

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Die EU-Kommission hat am Mittwoch erste Teile eines umfangreichen Notfallplans vorgelegt für den Fall, dass der mit der britischen Regierung Ende November ausgehandelte EU-Austrittsvertrag im Unterhaus scheitert und Großbritannien gezwungen sein sollte, am 29. März 2019 die Union ohne geregeltes Abkommen verlassen zu müssen.

Ein solcher No-Deal-Brexit würde laut der britischen Notenbank schwerste wirtschaftliche Schäden vor allem im Vereinigten Königreich selbst anrichten – bis 2023 einen Wirtschaftseinbruch von bis zu acht Prozent. Vor allem aber wäre das tägliche Leben der Menschen über Nacht schwer beeinträchtigt, weil Flugzeuge für Starts keine Genehmigung hätten, oder weil die Versorgung mit Gütern und Medizin abrupt unterbrochen wären. Das Land wäre dann sofort Drittland, fiele auf die Regeln der Welthandelsorganisation zurück und aus Binnenmarkt und Zollunion.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch einen Notfallplan für einen harten Brexit, also einen ungeregelten EU-Austritt Großbritanniens, vorgestellt.
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Die Kommission schlägt deshalb vor, dass es – wie beim Deal mit Premierministerin Theresa May auch – zumindest in Schlüsselbereichen lange Übergangsfristen geben soll, um Chaos abzuwenden. So sollen Banken und Finanzdienstleister ein Jahr Zeit haben, Derivate an neue gesetzliche Grundlagen anzupassen, für Aktien sogar zwei Jahre. Die Notenbanken in England und Frankfurt (die EZB) würden das garantieren, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis in Brüssel.

Flugrechte

Bei den Flugrechten auf den wichtigsten Flugrouten zwischen Großbritannien und den EU-27 soll es beim harten Brexit eine Schonfrist von neun Monaten geben. Allerdings sollen Fristen grundsätzlich einseitig verkürzt werden können, wenn man es für nötig hält. London müsste das wechselseitig anerkennen.

Insgesamt sind 14 Notfallmaßnahmen vorgesehen. So sollen Briten auf dem Kontinent und EU-Bürger, die in Großbritannien leben und arbeiten, ebenfalls ein Jahr Zeit haben, ihre persönliche Lage und die rechtliche Situation zu klären. Dabei geht es um Pensions- und Sozialrechte ebenso wie um Aufenthaltsgenehmigungen, die bei einem geregelten EU-Austritt theoretisch lebenslang gewährleistet wären.

Vorbereitungen in London

Es geht insgesamt um 4,4 Millionen Betroffene, eine Million davon sind Briten. Die Kommission wünscht sich "großzügige Lösungen". Auch in London bereitet man sich auf einen ungeregelten Brexit vor. Die Regierung will einen Entwurf für ein Einwanderungssystem vorlegen. Noch unbestätigt ist der Plan, dass 3.500 Soldaten mobilisiert werden sollen, um staatliche Einrichtungen zu schützen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 19.12.2018)