Man muss wahrlich kein Fan des europäischen Stabilitätspakts sein, der den Euroländern als budgetäres Korsett dient. Doch wenn man sich schon ein Regelwerk gibt und mit Verfahren und Sanktionen garniert, sollte es auch befolgt werden. Derzeit demonstriert die EU-Kommission, wie biegsam sie ist. Italien wird nun nach einer läppischen Budgetkonzession geschont, das Defizitverfahren eingestellt. Offenbar hat die Währungsunion kein Problem damit, dass ihr drittgrößtes Mitglied bei einer Verschuldung von 2,3 Billionen Euro einen Budgetabgang von zwei Prozent des BIP im kommenden Jahr einplant.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es ist nicht allzu lange her, da stand die Eurozone wegen des Hochschnellens der Verschuldung in Griechenland, Spanien, Italien und anderen Ländern vor dem Kollaps. Eine Verschärfung des Stabilitätspakts sollte gewährleisten, dass es nie wieder zu einer vergleichbaren Krise kommt.

Und was macht Brüssel bei der nächstbesten Gelegenheit? Es gewährt dem Wackelkandidaten einen weiteren Fehltritt. Rom den Weg geebnet hat die EU-Kommission bereits mit der Ansage, dass ein Überschreiten des dreiprozentigen Defizithöchstwerts durch Frankreich toleriert werden könne. Der Grund für den Schlendrian liegt auf der Hand: Es ist Wahlkampf. Eine Konfrontation mit Brüssel könnte die Populisten stärken. Ehrlicher wäre es, den Stabilitätspakt gleich zu schreddern. (Andreas Schnauder, 19.12.2018)