Sandrina Illes ist Weltmeisterin im Duathlon – und damit eine der international erfolgreichsten Athletinnen Österreichs. Mit ihrem "autobiografischen Fachbuch" "Duathlon" will sie dazu beitragen, ihren Sport ein wenig bekannter zu machen

Sandrina Illes wurde nur aus einem einzigen Grund Weltmeisterin: Sie brauchte ein gutes Coverfoto für ihr Buch.

Das ist natürlich Blödsinn. Aber dass es für ein autobiografisches Sportbuch kaum ein griffigeres Titelbild gibt als den Moment des größten Triumphes, ist wohl logisch. Und dass "now or never" der Moment gekommen sei, um jenes Buch zu schreiben, das sie sich schon vor Jahren zu schreiben vorgenommen hatte, war der 32-jährigen Wienerin diesen Sommer klar: Im Juli 2018 lief und radelte Illes in Dänemark zum Weltmeistertitel über die Duathlon-Standardistanz (10 Kilometer Laufen, 40 am Rad und dann noch einmal fünf zu Fuß) und wurde damit zu einer der international erfolgreichsten Leichtathletinnen Österreichs der letzten Jahre.

Der Haken an der Sache: Nicht einmal alle ambitionierten Hobbyläuferinnen und -läufer wissen genau, was Duathlon ist. Doch in das Lamento, dass Duathlon im Besonderen und Leichtathletik im Allgemeinen hierzulande nicht stiefmütterlich behandelt, sondern oft einfach ignoriert werden (Illes' Titel war vielen Sportseiten nicht einmal eine Randnotiz wert), einzustimmen, ist nicht Sandrina Illes' Ding: "Ich habe eben den Plan, ein Buch über Duathlon zu schreiben, in die Tat umzusetzen", erklärt sie: Die Schreibarbeit begann im Herbst.

Foto: ©Illes

Heute, das Buch druckfrisch in Händen, muss Illes schmunzeln: "Hätte ich vorher gewusst, wie viel Arbeit das ist, hätte ich es mir vielleicht überlegt." Denn wo bei anderen Sportlerbiografien Verlage, Sponsoren, PR- und Fotoagenturen, Layoutwerkstätten und von professionellen Zuarbeitern und Rechercheuren unterstützte Ghostwriter Sorge tragen, genau jenes Produkt in die Buchhandlungen zu schicken, das das Heldenepos vom harten Weg an die Spitze perfekt und marktwirksam illustriert, ist Sandrina Illes' "Duathlon Laufen-Radfahren-Laufen" so ziemlich das Gegenteil einer durchinszenierten und durchchoreografierten Heldinnensaga: voll unsichtbarer Heinzelmännchen: Illes Buch ist – so wie Illes Karriere – (beinahe) eine One-Woman-Show.

Auch wenn es natürlich immer Helfer (beim Buch: ihren Mann Stefan und ihre Lektorin Brigitte Stocker etwa) gibt, gilt: Von der Idee zu Konzept, Struktur und Aufbau bis hin zur Finanzierung und zum Vertrieb stammt alles aus einer Hand – und einem Kopf. Und es ist symptomatisch, dass Illes zuerst von den Vorteilen – etwa dass sie keine Kompromisse machen musste und kein Verlag den Löwenanteil des Verkaufserlöses einheimst – spricht. Und die Nachteile erst auf genaue Nachfrage aufzählt. Etwa dass man schon einen mittleren Batzen Geld hinlegen muss, wenn man ein 184-Seiten-Buch im Eigenverlag in einer Erstauflage von 1.000 Stück drucken lässt: "Ich habe ein bisserl einen kleineren Durchschuss und eine um eine Spur kleinere Schrift gewählt, als in Sportbiografien üblich", räumt sie ein kleines kaufmännisch motiviertes Zugeständnis ein: Sponsoren für das Projekt gab es nämlich keine.

Foto: ©Illes

Das ist symptomatisch. Und spiegelt sich auch in der Geschichte, die Illes in diesem autobiografischen Sportfachbuch erzählt, wider: Illes liebt ihren Sport. Und hadert natürlich schon damit, dass er so unbekannt ist. Obwohl so viele Menschen laufen und mindestens ebenso viele Radfahren – gar nicht auf Spitzensport- oder engagiertem Wettkampfniveau, sondern schlicht und einfach als sportliches Freizeitvergnügen. Informationen darüber, was Laufen ist und kann, gibt es zuhauf. Beim Radfahren wird das Info-Eis – allgemein verständlich formuliert – dann schon dünner. Und über die Kombination der beiden beliebtesten Sportarten der Österreicher (Schwimmen und Wandern werden zwar noch häufiger genannt, aber de facto geht es da meist ums Baden und kurze Sonntagsspaziergänge) ist de facto nirgendwo brauchbares Wissen abrufbar. Weder für "Hobetten" noch für Menschen, die in den Leistungssport einsteigen wollen.

Foto: ©StefanJeschke

Das, sagt Illes, war schon so, als sie den Duathlon als "ihr Ding" entdeckte – und sich fast alles selbst erarbeiten musste. "Meine Recherche", schreibt sie im Vorwort, "führte zu einem dürftigen Ergebnis. Weder gibt es Autobiografisches zu lesen, noch Fachbücher über Trainingsformen." Wenn es etwas nicht gibt, muss man es eben selbst erschaffen. Also schuf sie. Und hofft, dass das Buch in Kombination mit dem kleinen, aber doch spürbaren Boot, den ihr Titel dem Duathlon in Österreich verschaffte, mithilft, eine Henne-Ei-Frage zu lösen: Solange es kaum Bewerbe gibt, wird sich kaum jemand für Duathlon interessieren. Solange sich kaum jemand für Duathlon interessiert, wird es kaum Bewerbe geben.

Foto: ©Illes

Wer Sandrina Illes kennt – ich kenne sie ein bisschen: Sie hat mir nicht nur technisch (halbwegs) sauberes Laufen, sondern auch den in subjektiven Erfolgen spürbaren Unterschied zwischen strukturiertem Training und einfach nur herumrennen beigebracht –, wird schon im Aufbau des Buches ganz eindeutig die Handschrift und Sprache der Lauf-, Gang- und Bewegungsanalytikerin erkennen: Klar, geradeaus und schnörkellos geht es da um individuelle Motive und Zugänge, aber auch um objektive Vor- und Nachteile von Kombi- und Multisportbewerben – und um Illes' persönliche Geschichte: ihre Freude am Draußensein. Ihr autodidaktisches Kraul- und Schwimmtraining ("würde ich niemandem empfehlen. Jeder Euro in einen guten Schwimmtrainer investiert ist es wert!"). Ihre Triathlon-Versuche – und die Gründe, sich auf das zu fokussieren, was ihr schlicht und einfach mehr lag und mehr Spaß machte – ungeachtet der größeren Popularität und medialen Reichweite des Ausdauer-Dreikampfes.

Foto: ©StefanJeschke

Es ist genau dieser Mix aus fachlich hochkompetenten Texten, Trainingstipps und wissenschaftlich präzisen Analysen und sehr persönlichen, sehr authentischen und sehr emotionalen Erzählungen, der "Duathlon" tatsächlich in jener Nische platziert, die Illes mit diesem Buch besetzen will: die des "autobiografischen Fachbuches", das sowohl Einsteigern und Normalo-Sportlerinnen und Sportlern (auch Nur-Läufern oder Nur-Radfahrerinnen) weiterhilft als auch Freude macht. Denn hier erzählt eine Weltmeisterin von dem, wofür sie brennt. Von Erfolgen und den Mühen der Ebene ebenso wie von Strategie, Planung, Technik und dem intellektuell-fachlichen Rüstzeug, ohne das im Spitzensport nichts geht.

Dieser Paarlauf kann nur gelingen, wenn Emotionalität und Professionalität einander die Waage halten – und zwar auf hohem Niveau. Beides muss man gleichermaßen können – und lieben. Dann ergibt das Ganze nämlich mehr als die Summe der einzelnen Teile.

Das könnte man auch über eine Sportart erklären – oder erleben: Duathlon. (Thomas Rottenberg, 2.1.2019)

Sandrina Illes "Duathlon Laufen-Radfahren-Laufen" ist im Eigenverlag erschienen. 184 Seiten, 30 Euro – inkl Versand

Informationen und Bestellungen unter www.sandrina-illes.at/buchprojekt

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