Gute Nachrichten für Präsident Tayyip Erdogan.

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Im Präsidentenpalast in Ankara dürfte seit Mittwochabend Partystimmung herrschen. Das Spiel Erdoğans ist aufgegangen. Die türkische Armee hat bald freie Bahn in Nordostsyrien.

Vergangene Woche hatte der türkische Präsident angekündigt, bald gegen die syrische Kurdenmiliz YPG östlich des Euphrat militärisch vorzugehen. Der heikelste Punkt an diesem Unterfangen war da noch die Tatsache, dass die YPG zusammen mit 2000 US-Soldaten in der Grenzregion patrouilliert. Nach der überraschenden Ankündigung Trumps, die US-Truppen aus Syrien vollständig zurückzuziehen, besteht die Gefahr nicht mehr, dass Nato-Partner aufeinander schießen könnten.

Allerdings könnte sich damit auch die türkische Offensive verschieben. Denn laut der Nachrichtenagentur Reuters dürfte ein solcher Abzug zwischen 60 und 100 Tage in Anspruch nehmen.

Die YPG ist aus Sicht der türkischen Regierung nichts anderes als der syrische Ableger der PKK. Ankara pocht seit Jahren darauf, auf der syrischen Seite der Grenze einen 30 Kilometer breiten Sicherheitspuffer zu errichten. Dieser Plan war stets am Widerstand der USA gescheitert. Washington benötigte vor allem die Bodentruppen der Kurden, um die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu bekämpfen.

Ebenso dürfte sich Erdoğan über den Satz Trumps gefreut haben, er werde sich den "Fall Gülen einmal anschauen". Ankara macht den 77-jährigen Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Putsch vom 15. Juli 2016 verantwortlich und fordert seit langem dessen Auslieferung.

Und schließlich ist da noch die Genehmigung eines Waffendeals. Das State-Department hat dem Verkauf des Raketenabwehrsystems Patriot zugestimmt. 3,5 Milliarden Dollar soll die Türkei dafür zahlen. Für Ärger in Washington hatte 2017 die Ankündigung Ankaras gesorgt, ein ähnliches System von Moskau zu erwerben.

Sorge um Militärgeheimnisse

Das russische S400 ist mit Nato-Systemen nicht kompatibel. Washington fürchtet, dass russische Militärs so Einblick in US-Waffensysteme bekommen könnten. Washington dürfte von der Türkei nun erwarten, den Deal mit Moskau abzusagen. Bisher aber ist Erdoğan nicht davon abgerückt: Der Vertrag ist bereits unterschrieben, die Installation des Systems soll im Oktober 2019 beginnen.

Sollte das Geschäft tatsächlich abgewickelt werden, könnten amerikanische Sanktionen drohen, und Washington könnte türkische Firmen aus den Lieferketten für den neuen Fighter-Jet F35 werfen. Ankara pokert also noch immer mit hohen Einsätzen. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 21.12.2018)