Die Kommunikation mit einem Smartphone ist gar nicht so einfach. Zu spät für einen Einstieg, das betont die Expertin, sei es aber nie.

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Klick. Klick. Und klick. Alle Teilnehmer des Smartphone-Kurses im Wiener Seniorencolleg machen ein Foto mit ihrem Handy. Bei manchen ist es noch etwas verwackelt, die Perspektive passt noch nicht ganz – aber die Richtung stimmt: Die fünf nicht mehr ganz jungen Teilnehmer lernen hier die wichtigsten Funktionen ihres Smartphones kennen. Heute, in der dritten Einheit für leicht Fortgeschrittene, geht es um die Kamerafunktion. Es war der spezielle Wunsch einer Teilnehmerin.

Auch die Politik hat einen Wunsch, nämlich mehr digitale Kompetenzen bei der Generation 60 plus. Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) startete erst im Herbst gemeinsam mit dem Österreichischen Seniorenrat die Initiative fit4internet. Im "Kaffee Digital" sollen Senioren Smartphones und das Internet kennenlernen. Ziel nach einer Testphase im heurigen Herbst ist, das Training ab 2019 österreichweit flächendeckend abzuhalten, heißt es auf STANDARD-Anfrage.

Mehrheitlich Frauen

Wer sich am Seniorencolleg im zweiten Bezirk in Wien für einen Kurs anmelde, werde oft von seinen Kindern geschickt, erzählt Geschäftsführerin Karin Niederhofer. Andere kommen, weil sie an der Gesellschaft teilnehmen wollen, anstatt danebenzustehen.

Auch innerhalb der Familie: Die Fotos der Enkel werden nicht mehr mit der Post, sondern per Whatsapp verschickt. Zu 95 Prozent seien es Frauen, die sich für ihre Kurse anmelden, so Niederhofer. Warum kaum Männer? "Das ist eine Mischung aus Feigheit und 'Ich kann eh alles'", glaubt sie.

Im heutigen Kurs sind zwei Männer dabei. Draußen rauscht der Verkehr auf der Praterstraße, drinnen liegen Lesebrille, Notizblock und Kugelschreiber bereit. Das Smartphone – im heutigen Kurs sind die Handys alle von Samsung, was laut dem Kursleiter Andreas Stockklauser Zufall ist – haben die Senioren schon in der Hand. Stockklauser erklärt nun, wie man zwischen der Kamera hinten am Handy zu der Kamera vorn wechselt. "Vorsicht", sagt er, "nicht erschrecken! Gleich sind Sie selbst im Bild." Christl, eine 74-jährige Seniorin, die seit vier Jahren Kurse am Seniorencolleg macht, weiß Bescheid: "Ein Selfie", ruft sie. Und fügt verächtlich hinzu: "So deppad."

Nun wird die Panoramafunktion ausprobiert. Das kommt gut an: "Wenn man eine große Gesellschaft ist, kriegt man sonst nicht alle drauf", meint Christl. Früher, so erzählt sie, habe man dann mehrere Bilder im Album zusammengeklebt. Eine Bekannte, lacht sie, mache das immer noch so.

Nichts Ungewöhnliches mehr

Auch die Fotodetails – also alle Informationen, die zum Foto gespeichert werden – sind Thema. Wer Geotagging aktiviert hat, bekommt, je nach Handy, auf einer Karte präsentiert, wo genau das Foto geschossen wurde. Helmut, ein Teilnehmer mit langen, weißen Haaren und Wallebart, lacht laut auf: "Bei mir zeigt es an, dass ich im Friseursalon nebenan bin."

Was in den Pausengesprächen deutlich wird: In ihrem Bekanntenkreis sind Senioren mit Smartphone nichts Ungewöhnliches mehr. "Man muss sich überwinden", sagt Martina (70). Sie verwendet ihr Handy zum Telefonieren, Fotografieren, für E-Mails und – natürlich – Whatsapp.

Besonders Letzteres erfreut sich großer Beliebtheit. "Eine Freundin hat mir heute schon 14 Whatsapp-Nachrichten geschickt", erzählt Christl und schüttelt den Kopf. "Da komm ich ja mit dem Lesen nicht mehr nach!" Die rüstige Seniorin mit dunklem, akkurat geföhntem Haar verschickt "alles" über Whatsapp, "ich sende Fotos oder frage, ob wir essen gehen".

Den Menschen in der U-Bahn, die wie hypnotisiert auf ihre Smartphones starren, stehen die Senioren kritisch gegenüber. "Das ist eine Sucht", meint die Kursteilnehmerin Erna. Nachsatz: "Aber ich bewundere die, die mit zwei Daumen so schnell schreiben können. Ich habe auch nicht solche Pranken, aber das kann ich nicht."

Ein Seniorenhandy, also ein einfach zu bedienendes Handy, kommt nicht infrage. "Ich will ja nicht stehenbleiben", sagt Martina. Auch Seniorencolleg-Geschäftsführerin Niederhofer sieht es nicht als Alternative: "Manche genieren sich so damit, dass sie bei mir heimlich den Smartphone-Kurs machen", erzählt sie. Allerdings seien Smartphones mitunter zu klein für altersschwache Augen. "Aber dann passt vielleicht ein Tablet." Das bestätigt auch Helmut, der seit wenigen Wochen ein Tablet besitzt. "Das Lesen von Büchern ist darauf einfacher." Auch als Telefon und GPS-Gerät verwendet er es.

Nie zu spät

Passend, dass es nach der Pause um Kommunikation geht. "Whatsapp, bitte" , sagt eine Kursteilnehmerin. Nun zücken alle wieder ihre Handys. Whatsapp hat jeder schon installiert. "Wie lege ich mehrere Gruppen zusammen?", will Christl wissen. Erna wiederum hat eine Nachricht aufWhatsapp bekommen, weiß aber nicht, von wem. Sie würde den Kontakt gerne blockieren.

Kursleiter Stockklauser hat nicht nur Positives zu Whatsapp zu sagen: "Es muss Ihnen bewusst sein, dass Whatsapp Ihre Daten sammelt, zum Beispiel die Telefonnummern von Kontakten, die selbst Whatsapp vielleicht gar nicht nutzen." Und noch einen Hinweis hat er: "Gruppenchats sind praktisch – aber nur, wenn ein bisschen Disziplin herrscht." Wenn sich nur zwei Personen unterhalten wollen, sei eine Privatnachricht besser.

"Und lassen Sie sich nicht stressen", rät er den Kursteilnehmern zum Schluss. Zu spät für den Einstieg sei es nie, betont Niederhofer. Eine ihrer Kundinnen kaufte sich erst mit 84 ein Smartphone. "Und gerade hat sie mir eine Whatsapp-Nachricht geschickt, dass sie jetzt Online-Banking hat und ich ihr das auch noch beibringen soll." (Franziska Zoidl, 21.12.2018)