Ring anstecken und Ja sagen – es könnte so einfach sein. Doch bei der Ehe für alle herrscht weiter Unsicherheit.

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Bis zuletzt waren Standes beamte bundesweit ganz auf sich allein gestellt: Obwohl sie bereits erste Termine für gleichgeschlechtliche Trauungen vereinbarten, wussten sie nicht, wie die Ehe für alle konkret umgesetzt werden soll. Am Freitag, wenige Werktage bevor am 1. Jänner das Heiratsverbot für Homosexuelle endgültig fallen wird, ging schließlich doch noch ein Schreiben mit ersten Empfehlungen vom Innenministerium an die Landesregierungen und die Magistratsabteilungen 35 und 63 in Wien.

Unklar war etwa gewesen, ob Paare, die miteinander verpartnert sind, sich vor der Heirat scheiden lassen müssen. Gemeinsam kamen Justiz- und Innenministerium zu dem Schluss, "dass eingetragene Partner miteinander eine Ehe schließen können, ohne dass zuvor ihre eingetragene Partnerschaft aufgelöst werden muss". Auch ein verheiratetes Paar könne miteinander eine eingetragene Partnerschaft begründen, ohne dass zuvor die Ehe aufgelöst zu werden muss. Das Schreiben liegt dem Standard vor.

Seine Interpretationen gelten "bis zu einer allfälligen legistischen Klärung". Ein Dokument mit Details zur technischen Umsetzung soll gesondert folgen.

Wien ist unzufrieden

In Wien ist man mit der Klar stellung nicht zufrieden. Die Empfehlung verlängere den "Zustand der Verunsicherung" und sei "unverantwortlich den Betroffenen und Standesbeamten gegenüber", heißt es aus dem Büro des für Standesämter zuständigen Stadtrats Peter Hanke (SPÖ). Die Mitteilung sei zwar "besser als gar keine", doch die juristisch eigentlich heiklen Fragen würden nicht thematisiert.

Tatsächlich enthält das Schreiben etwa keine Handlungsanleitung für Paare, die im Ausland eine Ehe für alle eingegangen sind und diese hierzulande anerkennen lassen wollen. Auch Ehewünsche binationaler homosexueller Paare werden nicht berücksichtigt. Ob diese in Österreich heiraten dürfen, wenn ein Partner aus einem Land ohne Ehe für alle stammt, wird nicht thematisiert.

Unterschiedliche Auffassungen in den Ländern

Die Stadt Wien hat, wie berichtet, in Eigenregie beschlossen, gleichgeschlechtliche Ehen aus dem Ausland zu akzeptieren. Binationale Paare hingegen sollen in Wien nur heiraten dürfen, wenn beide aus einem Land kommen, in dem die Ehe für alle legal ist.

Denn bis zuletzt waren Standesämter bundesweit in Wartestellung und überlegten sich eigene Positionen, falls keine Information mehr kommen würde. So beschloss man in Bregenz, den Antrag abzulehnen und das Paar auf den Gerichtsweg zu schicken, falls eine Verpartnerung in eine Ehe umgewandelt werden solle, wie Gerhard Rosemann, Leiter des Standesamtes Bregenz, sagte.

Auch in Salzburg wollte man nicht vorpreschen, Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) sagte, er werde bestimmt nicht vorpreschen und "abwarten, was der Bund uns vorgibt". Abwarten und bereits verpartnerte Paare vorerst wegschicken wollte man im Zweifelsfall auch in Linz.

Anders sah das Markus Tilly, er leitet in Innsbruck die Abteilung Standesamt und Personenstandsangelegenheiten. Er schließt seine erste gleichgeschlechtliche Ehe am 4. Jänner und sagte, das mache er "auf jeden Fall". Auch das blau regierte Wels zeigte sich der Ehe für allen gegenüber liberal.

"Scheidungszwang vom Tisch"

Letzteres stößt bei Helmut Graupner, dem in Sachen Ehe für alle vor dem Verfassungsgerichtshof im Dezember 2017 siegreichen Anwalt, auf Kritik. Die Binationalenfrage werde wohl erst "von Höchstgerichten entschieden werden", detto jene der Anerkennung ausländischer Ehen von Lesben und Schwulen, sagt er. Doch Graupner verteilt auch Lob. Immerhin sei mit der ministeriellen Empfehlung "der Scheidungszwang vom Tisch". (Jutta Berger, Irene Brickner, Stefanie Ruep, Gabriele Scherndl, 21.12.2018)