Jerusalem – Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben mit der Zerstörung von Tunneln der libanesischen Hisbollah-Miliz an der Grenze zu Israel begonnen. Der erste Tunnel sei in der Nacht zum Freitag gesprengt worden, hieß es. Israel spricht in diesem Zusammenhang von "Angriffstunneln".

In einem am Freitag veröffentlichten Video war zu sehen, wie ein israelischer Offizier die Einwohner der libanesischen Ortschaft Ramie direkt hinter der Grenze auf Arabisch vor der bevorstehenden Explosion warnte und sie aufforderte, sich umgehend in Sicherheit zu bringen. Weitere Bilder zeigten die Detonation.

"Erforderliche Zeit"

Die Hisbollah habe die Tunnel nach Angaben der Armee dazu nutzen wollen, israelische Soldaten zu verschleppen oder zu töten oder sich im Konfliktfall einen Teil des israelischen Territoriums anzueignen. Am Donnerstagabend hatte Armeesprecher Jonathan Conricus mitgeteilt, dass nicht alle bisher aufgespürten vier Tunnel bereits in der Nacht zerstört würden. Es werde "die erforderliche Zeit dauern". Doch am Ende werde die Hisbollah die Tunnel nicht zu Angriffen gegen Israel benutzen können.

Zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung stellten die Tunnel laut israelischer Armee noch keine Bedrohung dar. Die Einsätze zur Zerstörung der unterirdischen Anlagen sollen demnach nur von israelischem Gebiet aus erfolgen.

Unifil-Mission

Die UN-Friedenstruppen im Libanon (Unifil) bestätigten die Existenz der Tunnel nahe der blauen Linie, der internationalen Grenze. Zwei davon überqueren die blaue Linie und verstoßen damit gegen die UN-Resolution 1701, wie Unifil mitteilte. Mit der Resolution war der Libanonkrieg 2006 beendet worden.

Bei einem Besuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei den österreichischen Unifil-Soldaten Anfang Dezember wurde auch in den Raum gestellt, dass es sich bei den gefundenen Tunnel auch um Bauwerke handeln könnte, die bereits Jahre oder gar Jahrzehnte alt sind. Die Blauhelme der Unifil überwachen seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Gegenwärtig sind etwas über 10.000 UN-Soldaten an dem Einsatz beteiligt.

Krieg 2006

Israel hatte zuletzt 2006 einen Krieg gegen die schiitische Hisbollah-Miliz geführt. Dabei gab es auf libanesischer Seite 1.200 Tote, auf israelischer Seite 160. Zuletzt hatte Israel mehrfach Luftangriffe auf mutmaßliche Stellungen der Hisbollah und des Iran in Syrien geflogen. Der Iran und die radikalislamische Hisbollah sind Erzfeinde Israels und stehen im Syrienkonflikt an der Seite von Staatschef Bashar al-Assad.

Im Libanon wird der aktuelle Zwist um die Tunnel freilich auch mit Schwierigkeiten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Verbindung gebracht, der wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck ist. Netanjahu würde versuchen, durch außenpolitische Härte in Israel innenpolitisch zu punkten, meinen politische Beobachter. (APA, 21.12.2018)