Wir schenken auch deshalb, weil wir uns über die Freude anderer freuen. Dauerhafter zufrieden macht aber eher selbstlose Großzügigkeit.

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Es sollte eigentlich die glücklichste Zeit des Jahres sein. Doch für viele sind die Tage rund um Weihnachten aus verschiedensten Gründen eher das Gegenteil davon. Grund genug, um in der psychologischen Fachliteratur nach einschlägigen Erkenntnissen zu suchen, die Aufschluss darüber geben, was für Glücksgefühle sorgt und was nicht. Die gute weihnachtliche Nachricht: Glück hat viel mit Großzügigkeit zu tun – und zwar vor allem in der selbstlosen Variante.

Eine Expertin auf diesem Gebiet ist die kanadische Sozialpsychologin Elizabeth Dunn (University of British Columbia in Vancouver), die seit mehr als zehn Jahren die Zusammenhänge von Geld und Glücksempfinden erforscht und darüber 2013 auch ein Buch schrieb: "The Science of Happier Spending". Wie also gibt man Geld – so man es hat – am besten aus, um den Gefühlen Gutes zu tun?

Experimentelles Spenden

Empirische Aufschlüsse lieferte eine Studie, die Dunn mit Kollegen vor zehn Jahren durchführte. Die Untersuchung umfasste drei Teile: Der erste war ein Experiment, für das Studierende der University of British Columbia mit Geldbeträgen bis 20 Dollar ausgestattet wurden. Eine Gruppe sollte das Geld für Spenden ausgeben, die andere für eigene Zwecke. Entgegen der Annahme eines dritten Gruppe von Studierender, die dazu nur befragt wurden, waren am Ende des Tages jene Kollegen zufriedener, die das Geld selbstlos verwendet hatten.

Zu einem ähnlichen Resultat kamen zwei andere Teile der Studie, bei denen es um Zusammenhänge von Glück, Einkommen und finanziellen Boni ging: Auch bei diesen Untersuchungen korrelierte das empfundene Glück nicht mit dem absoluten Betrag des Bonus oder Einkommens, sondern mit der Geldmenge, die für andere Menschen ausgegeben wurde.

Wiederholung mit Variation

Zehn Jahre nach dieser oftzitierten Studie, die damals im Fachblatt Science erschien, beschäftigten sich zwei US-Forscher abermals mit den psychologischen Auswirkungen des (Geld-)Gebens: In zwei Untersuchungen, die in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Psychological Science" erschienen, "beschenkten" die US-Psychologen Ed O’Brien (University of Chicago) und Samatha Kassirer (Northwestern University) ein weiteres Mal Studierende mit Geld. Und zwar erhielt jeder der 96 Probanden fünf Dollar an fünf Wochentagen.

Auch diesmal wurden sie aufgefordert, das Geld entweder täglich zu spenden (und zwar stets gleich, also etwa in Form von Trinkgeld oder einer gemeinnützigen Spende) oder sich selbst damit Gutes zu tun. Am Ende jedes Tages mussten die Probanden dann ihre Ausgaben und die eigene Zufriedenheit einschätzen.

Anhaltende Zufriedenheit

Die Angaben der Studierenden zeigten ein eindeutiges Muster: Ausgehend von einem bestimmten Zufriedenheitswert ging es bei den eigennützigen Geldausgebern mit dem Glücksempfinden Tag für Tag bergab, während bei jenen, die spendeten, der gegenteilige Trend zu beobachten war: Die Spende machte sie jeden Tag aufs Neue zufrieden, und das Glücksempfinden war beim fünften Mal ähnlich stark wie beim ersten Mal.

Beim anderen Experiment, das online stattfand und an dem 502 freiwillige Testpersonen teilnahmen, mussten die Probanden zehn Runden Puzzle spielen und gewannen bei jeder Runde fünf Cent. Wieder stand "Geben" oder "Nehmen" zur Auswahl, und wieder mussten die Studienteilnehmer angeben, wie sich ihr Glücksgefühl über die zehn Runden veränderte. Der Trend blieb der gleiche: Das Glücksempfinden der "Spender" blieb über die zehn Runden ähnlich hoch, während sich die guten Gefühle eigennützigen Probanden schnell abnutzten.

Keine "hedonistische Gewöhnung"

Die Ergebnisse von O‘Brien und Kassirer bestätigen auf der einen Seite, was schon ihre Kollegin Elizabeth Dunn herausfand, gehen aber noch darüber hinaus: Sie weisen nämlich darauf hin, dass Schenken womöglich eine Ausnahme von der Regel der sogenannten "hedonistischen Gewöhnung" ist. Dieses psychologische Phänomen beschreibt, dass jenes Glücksgefühl, das wir nach einem bestimmten Ereignis empfinden, mit wiederholtem Erleben abnimmt.

In den Worten O‘Briens: "Wenn man über längere Zeit glücklich sein will, müssen wir nach einer bestimmten Zeit etwas anderes machen und neue Glückserfahrungen suchen." Wiederholte Großzügigkeit, selbst wenn sie in der exakt gleichen Weise erfolgt, dürfte davon ausgenommen sein: Sie scheint stets aufs Neue für Glücksgefühle zu sorgen.

Das Wie des Schenkens

Damit ist aber die Frage noch lange nicht beantwortet, was und wie man – zu Weihnachten oder anderen Anlässen – am besten schenken soll. Aber auch dazu gibt es eine neue Untersuchung, die ebenfalls nahelegt, dass man dabei weniger an das eigene Vergnügen als an das der Beschenkten denken sollte.Den experimentellen Befund dazu liefert ein Psychologenteam um Adelle Yang (Uni Singapur), das insgesamt 357 Probanden die Rolle von Schenkern oder Beschenkten einnehmen ließ. Dann wurden ihnen jeweils Paare von Gegenständen mit unterschiedlichem Wow-Faktor vorgeführt: zum Beispiel eine personalisierte Tasse mit dem jeweiligen Namen (Wow!) versus eine langweilige, bloß ergonomisch designte Tasse.

Wider den Wow-Effekt

Für alle Befragten war klar, welches der beiden Geschenke jeweils den höheren Wow-Faktor hat. Doch während die Schenker die personalisierte Tasse vorzogen, was die sogenannte "Smile-Seeking Hypothesis" bestätigte, war den Beschenkten letztlich die "langweilige" Tasse tendenziell lieber. Nicht weiter überraschend war denn auch, dass die Präferenz für Geschenke mit Wow-Faktor bei den Schenkern verschwand, wenn sie beim Öffnen des Pakets nicht dabei sein durften.

Yang ging es mit ihrer Studie, die vor wenigen Wochen ebenfalls in "Psychological Science" erschien, aber weniger um den Hinweis darauf, dass Schenken eine egoistische Komponente hat. Der dahinterstehende psychologische Mechanismus findet sich laut Yang nämlich auch dort, wo Menschen beruflich die Aufgabe haben, medizinische, finanzielle oder politische Entscheidungen für andere zu treffen.

Und auch hier sind jene Entscheidungen, die eher für kurzfristige Reaktionen als für anhaltenden Nutzen sorgen, nicht immer die besseren. (Klaus Taschwer, 21. 12. 2018)