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Tausende Menschen demonstrierten am Freitag in Barcelona gegen die Zentralregierung.

Foto: AP Photo/Emilio Morenatti

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Protestierende in Barcelona äußerten ihren Unmut über den Besuch aus der Hauptstadt mit Farbbeuteln.

Foto: Reuters / Juan Medina

Spaniens Regierung hielt am Freitag eine heikle Kabinettssitzung ab. Die Minister rund um den sozialistischen Regierungschef Pedro Sánchez waren von Madrid nach Barcelona gereist, wie vor einigen Wochen bereits nach Sevilla. Eine spanische Regierung könne schließlich überall im Land tagen, hieß es. Nur Barcelona ist nicht Sevilla und Katalonien nicht Andalusien.

Die Verfechter der Loslösung von Spanien machten einmal mehr mobil. Die Komitees für die Verteidigung der Republik (CDR) errichteten überall in Katalonien Straßensperren. Die Anhänger der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) näherten sich Barcelona per Pkw, mit der auf Autobahnen geforderten Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h. Ein Verkehrschaos in den frühen Morgenstunden war die Folge. In Barcelona selbst zogen drei Demonstrationszüge runter ans Meer, wo die Regierung in einem historischen Gebäude den gesamten Vormittag über tagte.

Dutzende Verletzte

Über 8000 Einsatzkräfte – lokale wie auch nationale Polizei – waren im Einsatz. Immer wieder kam es zu schweren Auseinandersetzungen von Vermummten mit der Polizei, mehr als 60 Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt. Gemäßigte Demonstranten versuchten, der Gewalt Einhalt zu gebieten. Bereits am Vortag hatten jene neun Politiker und Aktivisten, die im Zusammenhang mit dem von Madrid untersagten Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 in Untersuchungshaft sitzen, die Anhänger der Separatisten aufgefordert, friedlich ihren Unmut über die Anwesenheit der spanischen Regierung zum Ausdruck zu bringen.

Ministerpräsident Sánchez hatte aber nicht irgendeinen Tag für den Besuch ausgewählt. Es war der erste Jahrestag der letzten katalanischen Parlamentswahlen. Diese waren vom Sánchez-Vorgänger, dem konservativen Mariano Rajoy, anberaumt worden, nachdem er infolge des Referendums die katalanische Regierung des Amtes entheben ließ und die Region für mehrere Monate unter Zwangsverwaltung stellte.

Holpriger Dialog

Sánchez versuchte nun den Dialog. Bereits am Vorabend der Ministerratssitzung traf er sich mit dem katalanischen Ministerpräsidenten Quim Torra. Parallel dazu fand ein Treffen von jeweils zwei Ministern beider Seiten statt. "Minigipfel" tauften dies die Katalanen zufrieden. Sie hatten lange auf ein bilaterales Treffen auf Augenhöhe hingearbeitet.

Wer große Würfe von diesem Treffen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Aber immerhin beschlossen beide Seiten, den Dialog aufrechtzuerhalten und im Jänner bei einem Gegenbesuch in Madrid zu vertiefen. Doch die Positionen sind so weit voneinander entfernt wie zuvor. Während Torra ein Referendum über die Zukunft Kataloniens nach schottischem Vorbild möchte, lehnt Sánchez dies strikt ab. "Mit der Verfassung alles, außerhalb der Verfassung nichts", hatte er vor der Reise nach Barcelona betont.

Die Kabinettssitzung beschloss überdies die Finanzierung für den Ausbau der Infrastruktur in Katalonien. Außerdem wird der Flughafen Barcelonas künftig nach dem ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten Josep Tarradellas benannt, der während der Franco-Diktatur im Exil lebte und nach Spaniens Rückkehr zur Demokratie erneut der katalanischen Regierung vorstand.

"Erniedrigung aller Spanier"

Die Regierung Sánchez würdigte zudem den 1940 nach seiner Auslieferung durch die Gestapo an Spanien hingerichteten katalanischen Präsidenten Luis Companys und verurteilte ausdrücklich das Gerichtsverfahren gegen ihn. Die Maßnahmen sollen "Eintracht und Verständnis" fördern, so Regierungssprecherin Isabel Celaá.

Die Opposition in Madrid sieht das anders. Das Treffen zwischen Torra und Sánchez ist für die rechtsliberalen Ciudadanos "eine Erniedrigung aller Spanier". Für den konservativen Partido Popular ist es gar "Verrat an Spanien". (Reiner Wandler, 21.12.2018)