Wien – 3705 Quadratmeter Wiese sorgen im niederösterreichischen Brunn an der Pitten seit Monaten für einen gemeindeinternen Zwist. Konkret geht es um eine Grünfläche ("Germwiesen"), auf der eine Reihenhaussiedlung mit 30 Wohneinheiten entstehen soll. Einige Anrainer sind damit nicht einverstanden. Das umstrittene Projekt wurde nun Inhalt einer parlamentarischen Anfrage von SPÖ-Nationalratsabgeordneten rund um Johannes Jarolim an Justizminister Josef Moser.

Demnach werde das Bauvorhaben von der ansässigen Bevölkerung "mit großer Entschiedenheit abgelehnt". Nach Angaben des SPÖ-Justizsprechers entbehre das Projekt zudem "jeglicher rechtlichen Grundlage".

Beschwerden der Anrainer

Bereits im Jänner haben sich die ortsansässige freiwillige Feuerwehr, Ortsvorsteherin sowie 160 Bürger in einem offenen Brief an Johann Rädler, ÖVP-Nationalratsabgeordneter und Bürgermeister der Gemeinde, gewandt. In dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, drücken die Beteiligten "großes Entsetzen" und "tiefe Betroffenheit" über den geplanten Bau der Reihenhaussiedlung aus. Die Bewohner kritisieren, dass der Feuerwehr durch die Siedlung die Basis für die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft, die Durchführung eines geordneten Dienst- und Ausbildungsbetriebs und "letztlich auch die wirtschaftliche Basis" entzogen werde. Zudem fielen Parkmöglichkeiten weg. Auch das Feuchtgebiet um den Altabach und die dortige Flora und Fauna seien gefährdet.

Feuerwehr, Ortsvorstehung und Anrainer seien nicht über den Planungsprozess informiert, heißt es in der Anfrage. Erst nach dem Vorliegen der bereits baureifen Planung und Zustimmung durch den Baubeirat sei es zu einem Gespräch mit dem Vizebürgermeister der Gemeinde sowie den für den Bau verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden der WET-Gruppe (vormals NÖ-Wohnbaugruppe) gekommen. Selbiger heißt Christian Rädler und ist der Sohn des Bürgermeisters. Die Baugruppe besteht aus drei gemeinnützigen Wohnbauträgern. Auch im Führungsgremium: Michael Kloibmüller, der bis März Kabinettschef im Innenministerium war.

Bürgermeister: "Alles rechtens"

Ganz anders klingt die Darstellung des Bürgermeisters selbst: "Alle Anrainer haben die Möglichkeit gehabt, Einspruch zu erheben", sagte Johann Rädler im Gespräch mit dem STANDARD, "und es gab keinen einzigen Einspruch." Daraufhin sei das Bauvorhaben genehmigt worden. "Es ist alles rechtens", so Rädler sen.

Die Tatsache, dass der Bauwerber der Sohn des Bürgermeisters und die zugezogene Planungsexpertin die Cousine des Bürgermeisters seien, wirft für Jarolim aber "die Frage einer massiven Interessenkollision auf". Der Nationalratsabgeordnete bezeichnete den in der Anfrage genannten Kaufpreis von 215.000 Euro außerdem "auffallend gering".

"Familiäre Politik", wie Jarolim die Gegebenheiten bezeichnet, kann Rädler nicht erkennen: "Ich kann ja nichts dafür, dass mein Sohn Vorstand der Wohnbaugruppe wurde." Die Gemeinde habe mittlerweile extra Grund angemietet, um Parkplätze für die Feuerwehr zu schaffen. Diese habe bei Festen bisher "illegal auf dem Grundstück geparkt". Sein Sohn, der WET-Vorstand, war nicht erreichbar. (lauf, 22.12.2018)