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Was die Kirche über die Welt von heute zu sagen hat, hält nur eine Minderheit der Österreicher für maßgeblich

Foto: AP/PIER PAOLO CITO

Linz – "Die Zeiten werden derzeit als allgemein schwierig erlebt. Hat die katholische Kirche für die Menschen die richtigen Antworten?" Diese Frage legte das Linzer Market-Institut 805 Wahlberechtigten vor – nur ein Prozent antwortete, dass die Kirche auf jeden Fall die richtigen Lösungen für die Probleme der Menschen habe, weitere 13 Prozent sagten, dies sei teilweise der Fall.

Jeder Dritte antwortete aber, dass die Kirche keinesfalls die richtigen Antworten habe, weitere 49 Prozent sagten, dass die Antworten der Kirche für die Menschen heute "eher weniger" passten.

Wer sagt, was "gut", was "böse" ist?

Auch als moralische Instanz ist die katholische Kirche nur mehr für jeden 20. Österreicher relevant. Die Frage lautete: "Man steht ja immer wieder vor der Entscheidung, was gut und richtig bzw. böse und falsch ist. Wie ist das bei Ihnen: Wer sagt Ihnen, was gut und richtig bzw. böse und falsch ist?"

Vorgegeben waren 24 Antwortmöglichkeiten, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Mit fünf Prozent der Nennungen kam die katholische Kirche auf den 13. Platz, die evangelische mit einem Prozent auf den vorletzten. Nur der Koran ist als moralische Instanz für die Grundgesamtheit der wahlberechtigten Österreicherinnen und Österreicher noch weniger relevant. Lediglich bei deklarierten ÖVP-Wählern kommt die katholische Kirche auf signifikant höhere Werte.

Die ÖVP-Gefolgschaft hört auch deutlicher als andere Befragte auf den eigenen Partner oder die Partnerin, wenn es zwischen "gut" und "böse" zu unterscheiden gilt.

Höchste Instanz ist das Gewissen

Für alle Befragten ist allerdings das eigene Gewissen die höchste Instanz – es wird von 85 Prozent genannt, der Partner oder die Partnerin von 29, die Freundinnen und Freunde von 21 und die Eltern von 20 Prozent.

David Pfarrhofer, der Leiter des Market-Instituts, verweist darauf, dass Partner und Eltern bei jüngeren Befragten eine deutlich höhere Rolle spielen als bei älteren: "Befragte unter 30 haben eben Eltern, denen sie Lebenserfahrung zutrauen; wenn sie in einer Partnerschaft leben, ist diese eben noch nicht Jahrzehnte alt. Ältere Befragte verlassen sich etwas weniger auf Lebenspartner, noch weniger auf Freunde, und die Eltern sind vielleicht nicht mehr am Leben. Was bleibt, ist das eigene Gewissen."

Auffallend sei, dass religiöse Instanzen wie Papst, Pfarrer oder Bibel für ältere Befragte ebenso wenig wichtiger werden wie weltliche, also Bürgermeister, Bundeskanzler oder Bundespräsident.

Einzige frohe Weihnachtsbotschaft in diesem Zusammenhang: Jesus Christus wird von acht Prozent genannt, von Älteren deutlich häufiger als von Jüngeren.

Ein Rest an Religiosität

Dabei ist es nicht so, dass die Bevölkerung ihre Religiosität ganz verloren hätte. Zwölf Prozent der Befragten bezeichnen sich als "in der Kirche engagiert" – 1998 waren es noch 21 Prozent. Diese engagierten Katholiken nehmen die Kirche und deren Würdenträger auch als Autoritäten wahr.

Und auch in der weniger kirchlich orientierten Bevölkerung lebt die Religiosität weiter. Der Aussage, Weihnachten hat "für mich gar keine religiöse Bedeutung", stimmen nur 29 Prozent zu, 71 Prozent lehnen sie ab – die Aussage ist im langjährigen Vergleich stabil, auch wenn es gerade Jüngere sind, denen die spirituelle Sicht auf Weihnachten mehr und mehr abhandenkommt.

Weihnachten als Fest des Friedens

Ebenfalls stabil – und mit durchschnittlich 85 Prozent von allen Altersgruppen gleich stark getragen – ist die Ansicht, dass Weihnachten ein Fest des Friedens und der Versöhnung ist. Umgekehrt glaubt nur eine Minderheit von 21 Prozent, Jesus Christus sei bloß eine literarische Figur.

14 Prozent sagen, der Glaube an Gott sei ihnen "sehr wichtig", 17 Prozent nennen ihn "wichtig", 25 Prozent geben die Schulnote drei, 15 Prozent einen Vierer, und 28 Prozent nennen den Glauben an Gott "gar nicht wichtig".

Entsprechend fällt auch die Einschätzung aus, ob die Kirche die richtigen Antworten für Menschen von heute habe. (Conrad Seidl, 24.12.2018)