Inschriften wie diese aus dem Jemen, die aus dem Jahr 715 vor unserer Zeitrechnung stammt, liefern die Grundlage für das Wörterbuch.
Foto: DAI, Norbert Nebes

Jena – Die legendäre Königin von Saba – so es sie denn tatsächlich gab – wäre wohl der prominenteste Native Speaker einer Sprache gewesen, die in der Antike im südlichen Arabien gesprochen wurde. Sabäisch ist anhand zahlreicher erhalten gebliebener Inschriften gut dokumentiert und aktuell Gegenstand eines Digitalisierungsprojekts an der Universität Jena.

Orientalisten übersetzen die Inschriften, die aus dem Zeitraum 1.000 vor unserer Zeitrechnung bis 600 danach stammen, mit dem Ziel, ein Online-Wörterbuch des Sabäischen zu erstellen. Über eintausend Texte mit fast 80.000 Wörtern seien seit 2016 bereits übersetzt und online gestellt worden, berichtet die Uni Jena. Weitere sollen in den kommenden drei Jahren dazukommen.

Der kulturelle Kontext

"Das Sabäische ist der wichtigste Dialekt des alten Südarabien, weil er über einen so langen Zeitraum gesprochen wurde und mit circa 6.000 bekannten Inschriften gut dokumentiert ist", sagt Norbert Nebes, der die Forschungsgruppe leitet. Die altsüdarabische Kultur stelle das Bindeglied zwischen Altem Orient und Islam dar und sei in ihrer Blütezeit im frühen ersten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung bis nach Äthiopien vorgedrungen.

Die Inschriften geben geben zugleich Einblicke in die polytheistische Kultur Arabiens vor dem Islam, sie umfassen unter anderem Verordnungen und Erlasse der Gottheiten und Herrscher oder Berichte von Kriegszügen gegen die südarabischen Nachbarn. Dieser kulturelle Kontext soll auch den Nutzern des Online-Wörterbuchs erschlossen werden: Daher leitet es die Nutzer über die Suchfunktion nicht nur unmittelbar zur deutschen Übersetzung des Stichwortes weiter, sondern bietet vollständig übersetzte Inschriftentexte mit Belegen an. Der Aufbau folgt nicht einer alphabetischen Ordnung, sondern orientiert sich an Textgattungen – etwa Widmungs-, Bau- oder Gedenkinschriften.

Mythos oder Wahrheit

Was indes die Königin von Saba anbelangt, die in der Bibel im ersten Buch der Könige ihren Glamour-Auftritt hat: Ob es sie tatsächlich jemals gegeben hat, ist ungewiss. Es wird geschildert, wie sie an König Salomos Hof reist, um den Herrscher Israels mit Fragen auf die Probe zu stellen. Als Geschenke führt sie neben Gold und Edelsteinen auch Balsam mit sich – Saba ist seitdem traditionell mit märchenhaften Reichtum verknüpft worden. Darin steckt zumindest ein wahrer Kern: Der Wohlstand der Sabäer beruhte tatsächlich auf dem Handel mit Weihrauch, Balsam und anderen Aromata, wie die Inschriften belegen.

--> Universität Jena: Sabäisches Online-Wörterbuch

(red, 27. 12. 2018)