Gegen den Brexit haben auch zahlreiche Briten etwas.

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Washington – Die deutsche Wirtschaft hält den Brexit und die von US-Präsident Donald Trump befeuerten weltweiten Handelskonflikte für die größten Bedrohungen für Wachstum und Wohlstand in Deutschland. "Das größte Risiko in der kurzen Frist ist der Brexit", sagte BDI-Präsident Dieter Kempf in einer am Mittwoch veröffentlichten Reuters-Umfrage unter den Präsidenten der wichtigsten deutschen Wirtschaftsverbände.

Ein ungeordnetes Ausscheiden der Briten aus der EU brächte massive Unwägbarkeiten für das Außenhandelsvolumen von über 100 Milliarden Euro mit sich, das Deutschland und das Vereinigte Königreich zuletzt jährlich abwickelten. "Die britische Wirtschaft wäre unmittelbaren Rezessionsgefahren ausgesetzt, die auch an Deutschland nicht unbemerkt vorüberziehen würden", warnte er. Auch DIHK-Präsident Eric Schweitzer befürchtet durch den Brexit einen "herben Einschnitt" mit viel Verunsicherung. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer erwartet Negativfolgen auf beiden Seiten.

Drängendes Problem

Der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann, nennt den Brexit "das drängendste Problem für die deutsche Wirtschaft". Es sei schon der kritische Zeitpunkt für notwendige Klarstellungen für die betroffenen Unternehmen längst überschritten, "und noch immer ist völlig offen, wie das Drama ausgeht", klagt er. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer fürchtet wegen des Brexits auch um die Zukunft der Europäischen Union. "Der Brexit darf niemals Schule machen, sondern muss ein singuläres Ereignis in der EU-Geschichte bleiben." Der britische EU-Ausstieg muss nach Kramers Worten das Signal für mehr Gemeinsamkeiten in Europa und mehr europäisches Selbstbewusstsein abgeben.

Aber auch die Handelsstreitigkeiten in der Welt sehen die Verbandspräsidenten mit wachsender Sorge. "Die größte Sprengkraft birgt ganz sicher Trumps Handelspolitik", sagte Bingmann, dessen Verband für den starken deutschen Außenhandel steht. Der Konflikt habe das Potenzial, die deutsche Konjunktur aus der Bahn zu werfen. Arbeitgeberpräsident Kramer mahnte: "Was wir brauchen, sind Geduld und Diplomatie." Die USA seien und blieben einer der wichtigsten Handelspartner der deutschen Wirtschaft. Insofern führe kein Weg daran vorbei, zu versuchen, die Amerikaner beharrlich von den Vorteilen des freien Wettbewerbs zu überzeugen.

Sorge vor Handelsschranken

Auch Kempf sieht in den Handelsstreitigkeiten eine Großgefahr. "Eine weitere Eskalation der Handelskonflikte der Vereinigten Staaten mit China und der EU drohen die Produktion, den Handel und die wirtschaftliche Entwicklung mittelfristig erheblich zu dämpfen", sagte er. DIHK-Präsident Schweitzer macht bei deutschen Firmen große Sorgen vor weiteren Handelsschranken, gerade in den USA, aus. Angesichts dessen sei es ein gutes Zeichen, wenn die EU und die USA über weniger und nicht über mehr Zölle redeten. Doch der Ausgang sei ungewiss. "Die Autozölle sind noch lange nicht vom Tisch", sprach Schweitzer einen für Deutschland besonders sensiblen Konfliktpunkt an. Trump hat wiederholt den Europäern und damit auch den Deutschen mit höheren Zöllen auf deren Autolieferungen in die Vereinigten Staaten gedroht. (APA, 26.12.2018)