Zuletzt in Courchevel ist Mikaela Shiffrin an Weltcup-Siegen mit Alberto Tomba und an Slalomsiegen mit Marlies Raich gleichgezogen. Am "Zauberberg" bietet sich die Chance nachzulegen.

Foto: APA/AFP/JEFF PACHOUD

Semmering – Mikaela Shiffrin will ihre aktuelle Ski-Rekordjagd auch auf dem Semmering fortsetzen. Die junge US-Amerikanerin ist Favoritin in beiden Technikrennen in Österreich und kann kurz vor dem Jahreswechsel auf dem "Zauberberg" sowohl Marlies Raich (Schild) im Slalom (35) als auch Alberto Tomba an Gesamtsiegen (50) überflügeln. Zudem zeichnen sich weitere Rekorde ab.

Auf der Jagd nach Maze

501 Punkte liegt die 23-Jährige nach ihren sieben Saisonsiegen vor der Slowakin Petra Vlhova in Front. So etwas hat es in dieser Phase des Weltcups noch nicht gegeben und vergangenen Winter hob die Amerikanerin mit Seriensiegen im Jänner erst so richtig ab. Es wäre also kein Wunder, wenn die nach etwas mehr als einem Renn-Viertel bei 889 Zählern haltende US-Amerikanerin aus Colorado am Saisonende auch den seit 2013 von der Slowenin Tina Maze gehaltenen Gesamtpunkterekord von 2.414 Zählern auslöschen würde.

Im Duell mit Hirscher

Maze sorgte damals auch mit 427 Punkten Abstand auf Maria Höfl-Riesch für den bisher größten Damen-Vorsprung zum Jahreswechsel. Eine Marke, die Shiffrin am Semmering locker packen kann. Denn in Österreich zeichnet sich der nächste "Doppelschlag" nach St. Moritz und Courchevel ab. Vor zwei Jahren fanden auf dem Semmering gleich drei Rennen statt. Shiffrin gewann sie alle und hat seitdem in keinem Land so viele Siege wie in Österreich (9) gefeiert. Ein Sieg am Semmering reicht ihr, um auch dort einen Rekord (4 Siege am Zauberberg hat noch keine) aufzustellen sowie an Siegen in einem Kalenderjahr im Vergleich zu Marcel Hirscher vorzulegen. Derzeit halten im Jahr 2018 beide bei 14, 15 wären Allzeit-Rekord.

Auf der Überholspur

"Es sind nicht die Rekorde, die mich antreiben", erklärte die Weltcup-Führende. Nachdem sie seit diesem Winter in allen Disziplinen siegreich ist, winken der dreifachen Slalom-Weltmeisterin und zweifachen Olympiasiegerin (RTL und Slalom) weitere skihistorische Schritte. "Es ist eine unglaubliche Ehre, mit meinem Kindheits-Idol Marlies Raich (Schild, Anm.) auf einer Stufe zu stehen", sagte Shiffrin. Lange war die Vorstellung, ihr Vorbild im Slalom zu überflügeln, "surreal" gewesen. Nun wird es wohl passieren.

Shiffrin ist generell früh dran, US-Landsfrau Lindsey Vonn etwa war bei ihrem 50. Sieg bereits 27 Jahre alt. Atomic-Markenkollege Hirscher hatte im Vergleichszeitraum gerade mal 14 seiner derzeit 63 Weltcupsiege und eine große Kristallkugel auf dem Konto. Shiffrin ist auf dem Weg zu ihrer dritten.

Ihr ist bewusst, dass ihre Rekorde gerade Riesenthema sind. "Es wird schwieriger, nicht an all die Zahlen zu denken. Es lenkt extrem ab. Es ist stets eine mentale Herausforderung, sich auf das Skifahren zu konzentrieren", gestand sie.

Perfektes Umfeld

Shiffrins Mutter Eileen ist für die Konzentration auf den Sport hauptzuständig, hat weiter fest die Zügel in der Hand. Das Gespann hat ein Team aufgebaut, zu dem die Österreicher Kilian Albrecht als jahrelanger Vertrauter und seit diesem Winter Ski-Servicemann Johann Strobl (Atomic) gehören. "Sie alle glauben zu tausend Prozent an mich. Sie machen ihre Arbeit perfekt, am Ende muss auch ich meinen Job erledigen", so Shiffrin, die im Zielraum oft Emotionen erst mit Verzögerung zeigt. "Manchmal arbeitet mein Gehirn im Ziel etwas langsam. Ich brauche Zeit, bis das sickert."

"Immenses Talent und Arbeitswillen" wird Shiffrin auch aus Österreich attestiert. "Sie ist eine Sportlerin mit Herz, hat einen unbändigen Siegeswillen, gute Kondition und versucht, jedes Detail auszureizen. Und sie ordnet dem Ganzen alles zu 100 Prozent unter", sagt etwa Jürgen Kriechbaum. Dazu komme der Wille, alle Disziplinen zu fahren und zu trainieren, so der ÖSV-Damenchef. "Außerdem ist sie ein Bewegungstalent, erlernt Dinge oft in der Hälfte der Zeit als die Anderen. So eine wie sie kann man nicht nachbauen." (APA, 27.12.2018)