Künstlerische Darstellung des International Linear Colliders.

Illustration: Rey.Hori/KEK

Die Pläne für den Bau eines großen Teilchenbeschleunigers in Japan wackeln heftig. Der japanische Wissenschaftsrat kommt in einem Bericht zum Schluss, die Errichtung des International Linear Colliders (ILC) nicht zu empfehlen. Der zu erwartende Erkenntnisgewinn würde die Kosten von mindestens sechs Milliarden Euro nicht rechtfertigen, heißt es laut "Nature" in dem Bericht. Damit ist das gesamte Projekt gefährdet.

Eigentlich sollte der ILC in einem 34 Kilometer langen, supraleitenden Tunnel in den Bergen nordöstlich von Tokyo Elektronen und Positronen mit bisher unerreichter Energie miteinander kollidieren lassen. Da es sich dabei um Elementarteilchen handelt, laufen die Kollisionen "sauberer" ab und die Kollisionsprodukte sind leichter zu analysieren als bei Teilchenbeschleunigern in denen beispielsweise Protonen aufeinanderprallen. Im ursprünglichen Design des Beschleunigers hätte eine Schwerpunktsenergie von 500 Gigaelektronenvolt erreicht werden sollen. Allerdings gab es schon 2017 Vorschläge, das Projekt zu verkleinern, um Kosten zu sparen.

Higgs und SuSy

Erklärtes Hauptziel des internationalen Projekts ist es, das 2012 am Large Hadron Collider (LHC) bei Genf entdeckte Higgs-Teilchen genauer zu untersuchen und nach bislang unentdeckten Teilchen zu fahnden. Für die unter theoretischen Physikern äußerst beliebte Theorie der Supersymmetrie (Susy) fehlen bislang empirische Hinweise. Bereits bei Inbetriebnahme des LHC hatte man auf die Entdeckung neuer Teilchen gehofft, die Susy stützen könnten – bislang allerdings erfolglos. Es scheint zunehmend unklar, ob einer Einrichtung wie der ILC große Entdeckungen gelingen könnten.

Als Gastland läge es an Japan, etwa die Hälfte der Projektkosten tragen. In welchen Bereichen andere projektbeteiligte mitzahlen würden, ist unklar – auch das gilt dem japanischen Wissenschaftsrat als Unsicherheitsfaktor. Die Entscheidung der japanischen Regierung über den ILC steht noch aus. Ob sie den Empfehlungen des japanischen Wissenschaftsrates folgen wird und sich gegen den Bau des Linearbeschleunigers entscheidet, sollte im März 2019 klar waren, wenn sich das für den ILC zuständige Gremium in Tokio trifft.

Konkurrenz für den ILC

Selbst wenn sich die japanische Regierung gegen den Bau des ILC entscheidet, könnte Japan dennoch ein künftiges Megaprojekt der Hochenergiephysik lancieren: Ein Konsortium um den Physiker Wang Yifang schmiedet als Konkurrenz zum ILC derweil Pläne für einen neuen Ringbeschleuniger, bei dem ebenfalls Elektronen und Positronen miteinander kollidieren, genannt Circular Electron Positron Collider (CEPC). Auch dieses Projekt, dessen Kosten auf rund vier Milliarden Euro geschätzt werden, soll sich ganz der weiteren Erforschung des Higgs-Teilchens widmen. (red, 27.12.2018)