Markus Lust, ehemaliger Chefredakteur von VICE Alps.

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Markus Lust wurde 1982 in Linz geboren. Er war von 2015 bis 2018 Chefredakteur des heimischen Ablegers der internationalen Junggesellenplattform VICE und beschäftigt sich in seinen Texten gern mit Nerd- und Nischenthemen wie Wrestling oder dem Besuch eines Christkindlmarkts, wenn man vorher LSD genommen hat. Auch seine Textsammlung "111 Gründe, Wien zu hassen" (2016) erweist sich als starkes Stück. Immerhin stammt Lust, wie gesagt, ausgerechnet aus Linz. Alles klar?

Parallel zum Entschluss des VICE-Konzerns, die Geschicke des österreichischen Ablegers in Hinkunft ausgerechnet von Deutschland aus zu lenken, entstand in dem jungen Mann wohl der Wunsch, seine unermüdliche Suche nach der in der Literatur leider sehr oft im Verborgenen blühenden Gegenwart in Romanform beizukommen. "Semmelmenschen", erschienen im Wiener Achse Verlag, der heuer auch ein Wasserkocher-Kochbuch veröffentlichte, erweist sich von der Leseerfahrung her ungefähr so wie ein Besuch bei Ikea am 27. Dezember.

Chakrenreinigung für Hunde

Alles ist komplett überfüllt und laut. Dazwischen stehen einige Versatzstücke herum, die man in Selbstbauweise zusammenfügen kann. Weil das grundsätzlich schiefgeht und diverse Schrauben locker bleiben, lassen sich daraus zahllose Anekdoten gewinnen. Es geht in "Semmelmenschen" um alte Hippies in Niederösterreich, ein Wiener Hipsterpärchen auf Besuch, den ominösen "Babyhitler", um Chakrenreinigung für Hunde, lokalpolitischen Sumpf, Social-Media-Plagen, Drogen, Pop, das Landleben und überhaupt alles, was gerade anfällt. Das liest sich auf 400 Seiten manchmal etwas mühsam, aber Zwangsoriginalität in einer Welt der Langweiler funktioniert als literarisches Konzept ja zumindest häppchenweise – an den stillsten Orten des Hauses. In meiner Badewanne bin ich Kapitän. (Christian Schachinger, 28. 12. 2018)