Der burgenländische SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil hatte der türkis-blauen Bundesregierung in Wien in die Hände gespielt, als er seiner eigenen Partei – also jener in Wien – vorwarf, "Fundamentalopposition" zu betreiben. Für sich selbst nahm Doskozil in Anspruch, er wolle nicht jammern, sondern gestalten – derweil in Eisenstadt.

Seitdem muss sich die SPÖ bei jeder Kritik an der Regierung vorwerfen lassen, Fundamentalopposition zu betreiben. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wirft der türkis-blauen Regierung soziale Einschnitte und die Spaltung der Gesellschaft vor – und wird von der FPÖ zurechtgewiesen: Konstruktive Oppositionspolitik sehe wohl anders aus. Dieser Einwand kommt ausgerechnet von jener Partei, aus deren Reihen ein Funktionär einer grünen Politikerin auf Facebook eine Massenvergewaltigung durch Flüchtlinge wünschte; eigenartige Vorstellungen von konstruktiver Politik. Der Funktionär trat immerhin zurück.

Wie also könnte konstruktive Oppositionspolitik ausschauen? Die SPÖ übt noch. Dass sie anlässlich der Ankündigung der Regierung, den Pflegenotstand im kommenden Jahr beheben zu wollen, ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorlegte, war ein guter Ansatz. Da stehen ein paar sinnvolle Vorschläge drin. Aber weil die Rollenaufteilung klar ist, hört die Regierung so wenig auf die Opposition wie umgekehrt.

Den Neos wurde dieses Jahr attestiert, konstruktive Oppositionspolitik zu machen. Sie haben eine gute Balance gefunden, Regierungsvorhaben, die sie für sinnvoll erachten, mitzutragen, gleichzeitig aber dort, wo sie Schwachstellen sehen, scharfe Kritik zu üben. Bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit ist das nur halb gelungen. Die Neos stimmten dem Regierungsvorhaben zu, obwohl sie das Gesetz für schlecht hielten. Das brachte sie in Argumentationsnotstand. Als die Regierung eine weitere Variante des Kopftuchverbots vorlegte, schlugen die Neos im Parlament ein solches samt umfangreichen Integrationsmaßnahmen vor. Ein Schachzug, der die Regierung zur Offenbarung zwang – Verbote: ja, Hilfe bei der Integration: nein.

Konstruktives Verhalten sollte, um diesem Beispiel zu folgen, nicht der Opposition vorbehalten sein. Auch die Regierung besäße das Recht, klüger zu werden, und könnte Vorschlägen der Opposition folgen. Die Totalverweigerung ist kein notwendiger Anspruch von Regierung oder Opposition, sondern bleibt der Ignoranz vorbehalten. (Michael Völker, 27.12.2018)