Berlin – Wegen des Rüstungsexportstopps für Saudi-Arabien droht die Industrie der deutschen Regierung mit Schadenersatzforderungen. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), Hans Christoph Atzpodien, forderte die Koalition aus Union und SPD in einem Interview auf, "rein politische Themen" nicht auf dem Rücken der Unternehmen auszutragen.

"Natürlich sind in diesem Zusammenhang auch Schadenersatzforderungen denkbar", sagte er der dpa. Die deutsche Regierung hatte bereits im März einen Exportstopp für alle "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligten Staaten – zu denen Saudi-Arabien zweifellos zählt – in den Koalitionsvertrag eingebaut. Atzpodien beklagte, dass die deutsche Rüstungsexportpolitik "unvorhersehbar" und für Kunden und Partnerländer "durch überraschende Wendungen oft nicht nachvollziehbar" sei.

Weniger Verkäufe

Zuvor war bekannt geworden, dass sich bei den deutschen Rüstungsexporten in diesem Jahr ein deutlicher Rückgang abzeichnet. Bis zum 13. Dezember wurden laut Wirtschaftsministerium Ausfuhren von Waffen und anderen Rüstungsgütern im Wert von 4,62 Milliarden Euro genehmigt. Im gesamten Vorjahr waren es 6,24 Milliarden.

Der Umfang der genehmigten Exporte dürfte damit 2018 zum dritten Mal in Folge schrumpfen. Ein Wachstum gab es zuletzt 2015, damals auf einen Rekordwert von 7,86 Milliarden.

Viele Waffen für Riad

Nach einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour war Saudi-Arabien trotz Beteiligung am Jemen-Krieg mit Geschäften im Umfang von 416 Millionen Euro viertgrößter Kunde deutscher Waffenschmieden – nach Algerien (802 Millionen), den USA (506 Millionen) und Australien (432 Millionen).

Erst im Zuge der Affäre um die Tötung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul wurde im November ein kompletter Exportstopp gegen das Königreich verhängt. Eigentlich hatte die deutsche Regierung schon im März im Koalitionsvertrag beschlossen, keine Rüstungsgüter mehr an Länder zu liefern, die "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligt sind. Für bereits erteilte Vorgenehmigungen wurde allerdings eine Ausnahme gemacht.

Kritik wegen Jemen-Krieg

Saudi-Arabien führt eine Kriegsallianz von neun Ländern an, die im Jemen gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft. Friedensverhandlungen in Stockholm haben zuletzt aber Hoffnung auf ein Ende des Krieges gemacht.

Nouripour kritisierte, dass die deutsche Regierung weiterhin in großem Umfang Ausfuhren an autoritäre Staaten und in Spannungsgebiete genehmigt habe. "Trotz der Ankündigungen im Koalitionsvertrag ist die Bilanz der Exportgenehmigungen für dieses Jahr verheerend", sagte er. (APA, 28.12.2018)