Schummelt sich ins fremde Ehebett: Jupiter (Ch. Higer) mit Alkmene (A. Waidmann).

Foto: Christian Brachwitz

Im griechischen Götterhimmel sind auch schlechte Eigenschaften und Tücken zuhause. Der oberste Gott Jupiter selbst besitzt neben Wollust etwa die Fähigkeit, in Menschengestalt zu schlüpfen. Das erweist seinem Liebesleben immer wieder guten Dienst und sorgt zu ebener Erde für Verwirrung und Kummer. Auch in der Sage um Amphitryon.

Der Krieg gegen die Athener hat den Feldherrn eine Nacht zu lang aufgehalten. Einen Tag, bevor er nach Theben zu seiner Frau Alkmene heimkehrt, erscheint ihr Jupiter und gibt sich als der ersehnte Gatte aus. Die vermeintliche Wiedersehensfreude führt beide ins Bett.

120 Jahre wird Amphitryon von Heinrich von Kleist heuer alt. Regisseur Peter Wittenberg inszeniert das Lustspiel pünktlich dazu am Landestheater Linz. In den Hauptrollen sind Alexander Julian Meile und Christian Higer zu sehen, die Alkmene gibt Angela Waidmann.

Identitätskrise

Uraufgeführt wurde die Tragikomödie 1899 in Berlin. Ursprünglich wollte Kleist – damals 22 Jahre alt – bloß den französischen Text Molières ins Deutsche übersetzen. Dann begann er, Details zu ändern und sich weiter von der Vorlage zu entfernen. Aus dem Frühwerk des Autors wurde damit ein inhaltlich reifes.

Denn er vertiefte Molières heitere barocke Verwechslungskomödie zur veritablen Identitätskrise. Als Alkmene mit dem inzwischen Heimgekehrten Amphitryon über die vermeintliche gemeinsame Nacht spricht und der ratlos reagiert, fliegt der Betrug auf. Doch irgendwie ist sich sogar Amphitryon nicht mehr sicher, wer er ist.

Persönlichkeitskonzepte gibt es heute ausgeklügeltere als damals. Kleist stellt aber entscheidende Fragen: Wer bin ich? Was ist wahr? Daneben lässt der Stoff Platz für turbulente Verwirrung. Inklusive Prügelei. (wurm, 2.1.2019)