Österreich ist in den letzten Jahren wieder zu einem Handyparadies geworden: Statt mit anderen Menschen zu reden, kann Zeit günstig im Netz verplempert werden.

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Nach zweieinhalb Jahren war Schluss. Die Elektroketten Mediamarkt und Saturn stellten dieser Tage ihre Mobilfunkmarken Saturn- und Mediamarkt-Mobile auf das Abstellgleis. Bestandskunden können zwar noch telefonieren und im Netz surfen, neue SIM-Karten werden aber nicht mehr verkauft, bestätigt eine Sprecherin dem STANDARD. Wie viele Kunden von dieser De-facto-Einstellung betroffen sind, will das Unternehmen nicht sagen. Viele dürften es nicht gerade gewesen sein.

Weitere 38 Mobilfunker aktiv

Immerhin rittern derzeit 38 weitere Mobilfunker hierzulande um Kunden. Seit vier Jahren bestellen vor allem Newcomer mit niedrigen Tarifen den Markt. So konnten sie seither über eine Million Kunden gewinnen und den Wettbewerb massiv befeuern. Besonders der im Jänner 2015 gestartete Billiganbieter Hot konnte seither punkten und laut eigenen Angaben über 800.000 Kunden gewinnen. Aber auch weitere Anbieter wie Spusu und UPC Mobile wiesen beachtliche Nutzerzahlen aus. Der Erfolg spornte weitere Unternehmen an, sich ebenfalls ins Mobilfunkgeschäft zu stürzen.

Achillesferse

Allerdings haben die jungen Anbieter eine Achillesferse: Sie sind von den großen Handynetzbetreibern abhängig, da sie deren Mobilfunknetze nutzen.

Der Mobilfunker "3" musste 2012 bei der Übernahme seines Konkurrenten Orange sein Handynetz für andere Betreiber öffnen. Das ermöglichte den Start von erfolgreichen Newcomern wie Hot, Spusu und anderen, die sich in das Netz von A1, T-Mobile oder "3" einmieten.

Diese Auflage läuft jedoch nach zehn Jahren ab. "Dann ist aus unserer Sicht nicht sichergestellt, dass es weiterhin billige Anbieter geben kann", erklärte Telekomregulator Johannes Gungl kurz vor Jahreswechsel. Die großen Anbieter könnten ihre Untermieter aus dem Markt kicken. Die Telekombehörde RTR will nun mit der Branche diskutieren, "wie wir hier den Wettbewerb absichern können". Die Behörde überlegt, 2020 bei der Versteigerung weiterer Frequenzen für den neuen Standard 5G die Geschäftsmodelle neuer Anbieter durch Auflagen abzusichern. "Eine Variante davon, die wir jetzt zur Diskussion stellen, kann sein, dass wir den Zugang für virtuelle Anbieter für die nächsten Jahre und Jahrzehnte absichern", erklärte RTR-Chef Gungl. Auch könnten Newcomer eigene 5G-Frequenzen für wenig Geld bekommen.

5G gegen die Konkurrenz

Die kommende Mobilfunkgeneration hat das Potenzial, Teile der Wirtschaft auf den Kopf zu stellen. Die Technologie kann Daten fast in Echtzeit übertragen, wird in absehbarer Zeit das Festnetz größtenteils ersetzen und soll neuen Anwendungen, etwa in Fabriken oder autonomen Autos, den Weg ebnen. Die ersten 5G-Netze könnten schon "Ende 2019" in Österreich on air gehen, sagt A1-Chef Marcus Grausam dem STANDARD. Die dafür notwendigen Frequenzen werden voraussichtlich im Frühjahr versteigert. Bei A1 rechnet man damit, dass 5G ein Ass im Ärmel sein wird.

Der aktuelle Netztest der deutschen Zeitschrift "Connect" zeigt, dass es bei der Qualität der heimischen Handynetze nur geringe Unterschiede gibt. Den diesjährigen Sieger T-Mobile trennen nur Nuancen von seinen Verfolgern A1 und "3". Damit ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal weggefallen, von dem besonders der Marktführer A1 Jahre hindurch profitierte. Nun bleiben Service, zusätzliche Angebote und der Preis übrig, um Kunden zu gewinnen. Ob oder wann die drei großen Mobilfunker ihre 5G-Netze auch ihren Untermietern zur Verfügung stellen, ist derzeit allerdings noch unklar. Auf 4G, auch LTE genannt, mussten Kunden von Billiganbietern warten.

Der Netztest der Zeitschrift "Connect".
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Zusätzlich könnte das Ende anonymer Wertkartenhandys Diskonter zahlreiche Kunden kosten. Die Regelung trat mit 1. Jänner 2019 in Kraft, bis 1. September des kommenden Jahres müssen auch alle Nutzer bereits in Verwendung befindlicher Prepaid-Karten registriert sein.

Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Kunden diesen Schritt mitgehen werden. In Deutschland haben Mobilfunker massiv Nutzer verloren, nachdem die Registrierung eingeführt worden war. Laut Schätzungen von Hot-Chef Michael Krammer sind von der Registrierung zwischen drei und vier Millionen SIM-Karten betroffen. (Markus Sulzbacher, 6.1.2019)