Vom Grant der Wiener einmal abgesehen war die Bundeshauptstadt doch immer ein guter Platz zum Leben: vergleichsweise sicher, sozial und weltoffen. Doch in jüngster Zeit schottet sich die Stadt immer mehr gegen Nichtwiener ab – und das liegt nicht an der inländerbevorzugenden Zwischenrufpolitik der Wiener FPÖ. Der sogenannte Wien-Bonus ist eine Erfindung der Wiener Sozialdemokratie, genauer gesagt des seit Mai 2018 amtierenden Bürgermeisters Michael Ludwig.

Als Wohnbaustadtrat hatte Ludwig den Wien-Bonus bei Wohnungen eingeführt: Wer länger hier lebt, kommt schneller zu einer Gemeindewohnung. Pech gehabt, Zuzügler. Inzwischen hat sich Ludwig für ähnliche Bevorzugungen in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt ausgesprochen. Nun soll auch bei der mobilen Pflege schärfer zwischen Wienern und Nichtwienern unterschieden werden, wie Sozialstadtrat Peter Hacker ankündigte.

Soziale Rückzieher verursachen immer Härtefälle. Wiener Familien, die beispielsweise die pflegebedürftigen Großeltern aus den Bundesländern zu sich nehmen, müssen sich auf Zores und finanzielle Belastungen gefasst machen.

Details des neuen "Nichtwiener-Malus" sollen in den nächsten ein bis zwei Jahren ausgearbeitet werden. So ein Zufall auch, dass 2020 in Wien wieder Wahlen anstehen. Ob die Wiener SPÖ mit der Mir-san-mir-Taktik der FPÖ die Schneid abkaufen kann, wird sich zeigen. (Michael Simoner, 4.1.2019)