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Die Ausweitung von Überwachungsbefugnissen führt immer wieder zu Protesten. Davon will sich Kickl aber nicht abschrecken lassen und arbeitet an einer Änderung des Staatsschutzgesetzes.

Foto: Reuters/Foeger

Es ist eines der Vorzeigeprojekte von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Er will das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu einem waschechten Geheimdienst umbauen. Das BVT soll eine neue Abteilung und rund hundert neue Mitarbeiter bekommen, vor allem für den Bereich Nachrichtendienst und Gefahrenabwehr. Aktuell wird intern über die Pläne zum Umbau getüftelt, das zeigt ein Papier aus dem Innenministerium, das der Abgeordneten Stefanie Krisper (Neos) zugespielt wurde und dem STANDARD ebenfalls vorliegt.

Darin wird erläutert, wie das BVT leichter zu Informationen kommt. Zu den Vorschlägen gehören erweiterte Befugnisse im Polizeilichen Staatsschutzgesetz und die Abschaffung des Rechtsschutzbeauftragten. Stattdessen soll eine parlamentarische Kontrollinstanz geschaffen werden. Das wird von Krisper sehr kritisch gesehen: "Der Rechtsschutzbeauftragte garantiert das verhältnismäßige Vorgehen des Staatsschutzes. Je sensibler der Bereich wird, in dem der Staatsschutz tätig wird, desto wichtiger wird seine Arbeit." Daher solle man ihn stärken, anstatt einen Ersatz anzudenken.

Das Ziel sei laut dem internen Papier, dass die Beschaffung von Informationen, bevor eine konkrete Bedrohung besteht, erleichtert werden soll. Zudem soll sie strikter von der kriminalpolizeilichen Ermittlung getrennt werden. Im Unterschied zu "echten" Geheimdiensten hat das BVT nämlich polizeiliche Befugnisse.

Laut dem Papier soll eine eigene, zusätzliche Einheit gegründet werden, die solche Untersuchungen im Vorfeld durchführt. Diese soll weitreichender agieren können, als das bisher im BVT möglich war. Damit eine solche, sogenannte "Vorfeldaufklärung" realisiert werden kann, müsse das Polizeiliche Staatsschutzgesetz (PStSG) erweitert werden. So sollen BVT-Beamte bereits bei einer potenziellen, "abstrakten" Gefahrenlage mit der "Informationsgewinnung" starten können. Auch soll die Anzeigepflicht verzögert werden. Bei einer Anpassung des PStSG würde das bedeuten, dass bereits vor dem Bestehen einer konkreten Bedrohungssituation besondere Bestimmungen für die Ermittlung und für die Datenverarbeitung gelten dürfen, heißt es in dem Papier. Zudem wird vorgeschlagen, dass die Arbeit der Behörde nicht mehr von einem Rechtsschutzbeauftragten, sondern durch einen "parlamentarischen Prozess" genehmigt wird.

Somit würde das zuständige Kontrollgremium von einer unabhängigen Person zu politischen Akteuren verlagert. Aktuell muss erst eine Ermächtigung durch den Rechtsschutzbeauftragten, der ebenfalls dem Innenministerium obliegt, erteilt werden.

In dem Dokument werden mehrere Varianten zur Umsetzung der Pläne vorgeschlagen. Eine davon sieht etwa vor, dass Ermittlungen im Rahmen der Strafprozessordnung gänzlich in die Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ausgelagert werden, sodass beim BVT nur noch Koordinierungsaufgaben in diesem Bereich bleiben. Dadurch würden Ressourcen für die Vorfeldermittlung geschaffen werden. Alternativ könnte eine eigene neue Einheit im BVT solche Ermittlungen übernehmen, wodurch die aktuell zuständigen Beamten sich auf nachrichtendienstliche Aufgaben fokussieren könnten.

"In keiner Weise Plan"

Das Innenministerium selbst hält sich auf Anfrage des STANDARD bedeckt: "Eine Aufweichung oder Lockerung des begleitenden Rechtsschutzes oder gar eine Abschaffung des Rechtsschutzbeauftragten ist nicht Inhalt des Papiers und auch in keiner Weise geplant", sagt Ressortsprecher Christoph Pölzl. Die BVT-Reform sei ein laufender Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist, weshalb keine weiteren Informationen herausgegeben werden dürften.

Das BVT darf seit der Einführung der "Erweiterten Gefahrenerforschung" im Jahr 2000 bei Verdacht auf "mit schwerer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbundene Kriminalität" bereits im Vorfeld Beobachtungen durchführen. Das wird im PStSG geregelt.
(Muzayen Al-Youssef, Markus Sulzbacher, 4.1.2019)