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Ryoyu Kobayashi steht vor dem Gesamtsieg der Vierschanzentorunee.

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Landsmann Noriaki Kasai diente ihm als Vorbild.

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Bischofshofen – Ryoyu Kobayashi ist kein typischer Japaner. Der 22-Jährige ist höflich, doch Bescheidenheit ist keines seiner Wesensmerkmale. Braucht es auch nicht zu sein. Denn Kobayashi dominiert die 67. Vierschanzentournee nach Belieben und beeindruckt mit seiner Leichtigkeit. Auf seiner Lieblingsschanze in Bischofshofen will er am Sonntag (17.00 Uhr/live ORF eins) den Grand Slam vollenden.

Auf Rekordjagd

Kobayashi schwebt im WM-Winter derzeit auf Wolke sieben, auf seinen ersten Weltcupsieg in Ruka folgten bisher sechs weitere. Den Tournee-Gesamtsieg hatte er schon vor dem Finale sicher, umgerechnet mehr als 25 Meter beträgt der Vorsprung auf den Deutschen Markus Eisenbichler. Bischofshofen hatte der Nachfolger von Kazuyoshi Funaki (Sieger 1997/98) schon vor dem Auftakt als Lieblingsschanze genannt – der vierte Sieg und der Eintritt in den "Club" zu Sven Hannawald (Grand Slam 2001/02) und Kamil Stoch (2017/18) scheint möglich.

Doch das kümmert den Sohn eines Sportlehrers aus dem Norden Japans offenbar wenig. "Ich denke nicht an diese zwei, ich denke an meine eigenen Sprünge", sagte Kobayashi nach seinem überlegenen Sieg vor Stefan Kraft in Innsbruck. Es scheint, als könne den "Überflieger" nichts aufhalten. Den Saisonrekord hält Peter Prevc mit 15 Siegen (2015/16). "Warum soll ich das nicht schaffen?", meinte der überlegene Weltcup-Spitzenreiter vollmundig.

Stabiles System

Die Flüge des 1,73 m großen Athleten wirken nie riskant, er ist beim Gewicht im Gegensatz zu manchem Konkurrenten nicht am unteren Limit. Seine Technik ruft Bewunderung hervor. Kobayashi nütze den Radius optimal aus, er sei nach dem Absprung so früh in perfekter Position wie kaum ein anderer, sagen die Trainer. "Mein System ist sehr stabil, ich kann es immer wiederholen", erklärte Kobayashi und nannte seine mentale Stärke als weiteren Trumpf.

Diesen "Flow" kannten auch seine Vorgänger als Tourneesieger. Doch Stefan Kraft und Kamil Stoch müssen sich vorerst mit Teilerfolgen wie dem besten Sprung eines Durchgangs hinter dem "verrückten Japaner" (Eigendefinition Kobayashi) einreihen und Peter Prevc kämpft aktuell abseits des Weltcups um seine Form.

Vorbilder und Einstellungswechsel

Kobayashi fiel seine aktuelle Überlegenheit aber nicht in den Schoß. "Ich habe viel von Noriaki (Kasai, Anm.) gelernt", sagte er über seinen 24 Jahre älteren Kollegen aus dem Firmenteam Tsuchiya. "Wie man als Athlet lebt und auch was die Technik betrifft." Dabei blickte der Bruder von drei skispringenden Geschwistern auch über den Tellerrand hinaus. "Ich habe mir im Video sehr viele gute Springer angesehen und daraus gelernt", verriet Kobayashi ohne Namen zu nennen.

In der Heimat wird Kobayashi in Sapporo vom Finnen Janne Väätäinen trainiert. Die punktelose Weltcup-Saison 2016/17 habe einen Wandel in der Einstellung bewirkt, sagte der Finne der "Tiroler Tageszeitung". "Als Ryoyu verstanden hat, mehr machen zu müssen, als nur Porsche zu fahren, ist er gut geworden." Für Autos, Mode und Musik interessiert sich Kobayashi immer noch. Doch nun ist er auch beim Gewinnen auf den Geschmack gekommen. (APA, 5.1.2018)