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Google surft gern auf den Bahamas: Der Konzern verschiebt einen großen Teil seiner Gewinne dorthin, weil die Bahamas keine Körperschaftsteuer einheben.

Foto: Reuters

Ehe sich dieses Schlupfloch schließt, nutzt es Google noch einmal so richtig aus. Seit Jahren unterhält der US-Konzern ein Steuersparmodell, das unter dem Namen "double Irish and a Dutch Sandwich" bekannt wurde.

Google schleust dabei seine in Europa erwirtschafteten Gewinne über niederländische und irische Gesellschaften auf die Bermudas weiter, wo es keine Steuern auf Konzerngewinne gibt. Google zahlt dadurch auf den Großteil seiner Profite außerhalb der USA kaum Steuern. Die irische Regierung hat zugesagt, Googles Steuergestaltungsmodel ab 2020 nicht mehr zuzulassen. In den vergangenen Jahren sind die via Niederlande durchgeschleusten Beträge aber noch einmal deutlich angestiegen, auf 20 Milliarden Euro im Jahr 2017.

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Und selbst wenn diese Steuersparroute geschlossen wird, gibt es andere. Laut EU-Kommission zahlen große IT-Unternehmen in Europa im Schnitt deutlich weniger Steuern als klassische Unternehmen. Da der Versuch, eine Digitalsteuer auf EU-Ebene einzuführen, gescheitert ist, will die türkis-blaue Regierung im Alleingang aktiv werden. Eine "Digitalsteuer" steht auf der Agenda der Regierungsklausur am Donnerstag und Freitag. Was spricht für, was gegen die aktuellen Ideen?

Variante light: Abgabe für Onlinewerbung

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) denkt seit Wochen laut darüber nach, mit einem simplen Kniff Facebook und Google steuerlich zu erfassen. In Österreich existiert eine für Printmedien, TV und Hörfunk beschränkte Werbeabgabe. Sie beträgt fünf Prozent auf entgeltliche Werbeeinschaltungen. Löger erwägt das System auf Onlinewerbung ausweiten. Der Vorteil: Legistisch ist so eine Maßnahme simpel umzusetzen, sagt der Jurist Georg Kofler von der Universität Linz.

Für Unternehmen wie Google und Facebook sind Werbeeinnahmen das wichtigste geschäftliche Standbein. Mit einer Onlineabgabe wäre der zentrale Umsatzbringer dieser Firmen erfasst, sagt der deutsche Steuerexperte Johannes Becker. Das wäre ein Ausgleich dafür, dass die IT-Unternehmen in Europa sonst kaum Körperschaftssteuern zahlen.

Die Steuern abführen muss derzeit jenes Unternehmen, das die Werbung veröffentlicht – das wäre also zum Beispiel Google. Dass Google die Abgabe auf jene österreichischen Unternehmen 1:1 überwälzen könnte, die Werbung online buchen, glaubt Becker nicht. Facebook und Google verkaufen ihre Werbeflächen über Auktionen – und nur weil eine neue Steuer eingeführt wird, werden werbende Unternehmen nicht mehr Geld bieten.

Wird allerdings bloß eine Onlinewerbeabgabe eingeführt, wären davon Plattformen wie Airbnb, Booking.com oder Uber steuerlich nicht erfasst. Diese Dienstleister verdienen ihr Geld über Gebühren, die sie von Nutzern einheben. Auch die Plattformen können ihre Steuersätze in Europa extrem drücken, weil sie ihre digitalen Dienstleistungen meist aus einem Niedrigsteuerland heraus anbieten. Ebenfalls nicht erfasst wäre die Plattform Amazon.

Die Abgabe würde dagegen wohl für österreichische Werbeanbieter gelten müssen, damit es nicht zu Ungleichbehandlung kommt.

Google und Facebook würden jedenfalls günstig aussteigen. Diskutiert wird, die Werbeabgabe auf Onlinemedien zu erweitern, sie aber im Gegenzug auf drei Prozent zu senken. Bei 100 Euro Umsatz müsste Facebook also drei Euro Werbeabgabe zahlen. Dabei macht Facebook aktuell im Schnitt mit 100 Euro Umsatz um die 42 Euro Gewinn.

Die Steuerbelastung auf Facebooks Gewinne betrüge rund sieben Prozent und bliebe damit minimal. "Allein eine Onlinewerbeabgabe zu schaffen bedeutet noch nicht, eine Digitalsteuer einzuführen", sagt Dominik Bernhofer, Steuerexperte der Arbeiterkammer.

Variante medium: Die Ausgleichssteuer

Ein umfassenderer Vorschlag lautet, ein zuletzt auf EU-Ebene diskutiertes Modell einzuführen. Der Vorschlag für eine Ausgleichssteuer beruht auf einer Idee der EU-Kommission. Auch hier geht es darum, Umsätze von IT-Unternehmen zu besteuern – und zwar ebenfalls mit drei Prozent. Neben den Werbeumsätzen von Facebook und Google wären aber auch Umsätze von Vermittlungsplattformen wie Airbnb, Uber, aber auch Amazon erfasst, sofern es um Umsätze geht, die Amazon mit externen Händlern erzielt. Laut Plänen der EU-Kommission soll die Steuer nur für Konzerne ab einem jährlichen Umsatz von 750 Millionen Euro greifen.

Der Vorteil ist, dass Österreich das Modell entsprechend der europäischen Vorlage umsetzen könnte. Andere Staaten wie Spanien planen aktuell genau das: Noch im Jänner könnte in Madrid ein entsprechendes Gesetz beschlossen werden. Der niedergelassene Handel wäre mit einer Werbeabgabe, bei der Amazon außen vor bleibt, nicht zufrieden. Die Ausgleichssteuer würde den Forderungen des Handels in Österreich Rechnung tragen.

Doch es gibt Einwände: Steuerexperte Becker hält das Modell für extrem "komplex" in der Umsetzung. Nicht Gewinne werden erfasst, sondern Umsätze. Dabei muss jeder erfasste Umsatz genau definiert sein. Becker rechnet mit zahlreichen Streitereien zwischen Unternehmen und einhebenden Ländern.

Wenn EU-Staaten im Alleingang vorpreschen, wird laut Brüssel ein Fleckerlteppich entstehen. Da die betroffenen Unternehmen heterogen sind und die Profitabilität stark variiert, gibt es schließlich Kritik an dem Modell, weil Firmen de facto nicht gleich behandelt werden.

Variante heavy: Die digitale Betriebsstätte

Das geltende Steuersystem verlangt im Regelfall nach einer physischen Präsenz als Anknüpfungspunkt, damit ein Land von einem Unternehmen Körperschaftssteuern einheben darf. IT-Unternehmen verfügen oft über keine solche Präsenz.

Ein Vorschlag lautet, für IT-Dienstleister digitale Betriebsstätten per Gesetz zu schaffen. Diesen müssten Einnahmen zugerechnet werden, die Betriebsstätte könnte Ausgaben geltend machen. Am Ende würde sich wie bei klassischen Unternehmen ein zurechenbarer Gewinn ergeben, der zu versteuern wäre. Die digitale Betriebsstätte ist der weitgehendste Vorschlag, weil er die Gleichbehandlung von IT-Unternehmen und klassischen Firmen ermöglicht, sagt AK-Mann Bernhofer.

Ein Alleingang birgt Gefahren. Österreich hat mit vielen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, die festlegen, wer die Körperschaftssteuer einheben darf. Mit Einführung der digitalen Betriebsstätte würde Österreich diese Abkommen einseitig aufkündigen. Das Modell würde auch zu Konflikten mit den USA führen, deren Firmen am stärksten betroffen wären. Ein Alleingang Österreich gilt deshalb in diesem Punkt derzeit als ausgeschlossen. (András Szigetvari, 7.1.2019)